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Newsletter Altenpflege 01/2022
01/2022
Neues aus der Rechtsprechung
Zur Wirksamkeit des Vergütungsanspruchs bei unwirksamem Wohn- und Betreuungsvertrag
(OLG Dresden, Beschluss v. 11.10.2021, 4 U 1462/21)
Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hatte darüber zu entscheiden, ob aus einem formunwirksamen Pflegevertrag dem Pflegeheim gegen den Bewohner Vergütungsansprüche zustehen.
Der Bewohner zog am 23.02.2017 in das Pflegeheim ein und unterschrieb am selben Tag den Wohn- und Betreuungsvertrag. Nachfolgend stellte sich heraus, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits geschäftsunfähig war. Für den Zeitraum ab Einzug bis zum 30.09.2017 zahlte er die Entgelte an das Pflegeheim nicht mit Verweis auf seine Geschäftsunfähigkeit, die Nichteinhaltung gesetzlicher Vorgaben zum Inhalt des Heimvertrags und die Nichtnachvollziehbarkeit der erbrachten Leistungen durch das Pflegeheim.
Das zuständige Amtsgericht verurteilte den Bewohner zur Zahlung der offenen Entgelte. Das OLG Dresden teilte ihm in Beschlussform seine Absicht zur Zurückweisung der Berufung mit. Das OLG begründete dies damit, dass gemäß § 4 Absatz 2 WBVG die Wirksamkeit des Vertrags mit einem geschäftsunfähigen Vertragspartner von der Genehmigung durch einen Betreuer oder Bevollmächtigten abhängt. Für alle bis dahin erbrachten Leistungen und Gegenleistungen gelte der Vertrag als wirksam geschlossen. Aus Sicht des Gerichts kann ggf. die Nichtreaktion des rechtlichen Vertreters des Beklagten auf die Mahnung der klagenden Pflegeeinrichtung vom 29.09.2017 dahingehend ausgelegt werden, dass der rechtliche Vertreter damit den Heimvertrag nicht genehmigen wollte. Alle bis dahin erbrachten Leistungen waren aber nach § 4 Absatz 2 WBVG unabhängig von der Geschäftsfähigkeit des Bewohners zu vergüten.
Ferner stellte das Oberlandesgericht klar, dass eine Vergütung im Heimvertrag, die sich nach den Vergütungsvereinbarungen mit den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger richtet, gemäß § 7 Absatz 2 WBVG angemessen ist, sodass auch bei einem formunwirksamen Heimvertrag diese Vergütungssätze durch das Pflegeheim abgerechnet werden können.
Anmerkung:
Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz trifft nicht nur Regelungen zum Schutz der Verbraucher, sondern durchaus auch solche zum Schutz der Unternehmer. Bei Geschäftsunfähigkeit hat ein rechtlicher Vertreter umgehend eine Genehmigung des Heimvertrags abzulehnen, soweit er das für sinnvoll erachtet. Ein schwebend unwirksamer Vertrag kann nicht zulasten des Unternehmers gehen, der bereits mit umfänglichen Pflegeleistungen in Vorleistung gegangen ist. Daher sichert das Gesetz durch die Regelung in § 4 Absatz 2 Satz 3 WBVG dem Unternehmer hier die Vergütungsansprüche.
Erfolgloser Eilantrag gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht.
(BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 10.02.2022, 1 BvR 2649/21)
Das Bundesverfassungsgericht hatte über den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Außervollzugsetzung der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht über die Impfungen gegen COVID-19 nach § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) zu entscheiden.
Im Rahmen einer Folgenabwägung kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht nach § 20a IfSG nicht vorläufig außer Kraft zu setzen ist, sondern dass die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten ist. Das Gericht führt hierzu aus, dass trotz der Irreversibilität der Impfungen den in entsprechenden Einrichtungen Tätigen keine derart hohen Gesundheitsrisiken auferlegt werden, dass sie die Risiken für die in den Einrichtungen betreuten vulnerablen Personen übersteigen würden. Es bleibe den betroffenen Arbeitnehmern unbenommen, sich nicht impfen zu lassen. Die hierdurch entstehenden beruflichen Nachteile seien hinzunehmen, da aus Sicht des Gerichts nicht die Gefahr besteht, dass diese Nachteile bis zur Entscheidung in der Hauptsache irreversibel wären. Aufgrund des weiterhin hohen Infektionsgeschehens seien vulnerable Personen hingegen nach wie vor besonders schutzbedürftig.
Das BVerfG weist weiter darauf hin, dass sich vulnerable Personen nur eingeschränkt selbst schützen können und auf die Inanspruchnahme der Betreuungs- und Pflegeleistungen in den Einrichtungen angewiesen sind. Dies alles rechtfertige die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung und das Abwarten der Antragsteller auf die Entscheidung in der Hauptsache.
Neues aus der Gesetzgebung
Die Frist für Meldungen nach § 72 Absatz 3d SGB XI wurde auf den 30.04.2022 verlängert.
Der GKV-Spitzenverband hat in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium mitgeteilt, dass die Frist zur Meldung der Angaben nach § 72 Absatz 3d SGB XI über den 28.02.2022 hinaus bis zum 30.04.2022 verlängert wird. Die Pflegeeinrichtungen haben damit in der verlängerten Frist an die Datenclearingstelle die erforderlichen Informationen zur Anwendung eines Tarifvertrags oder die Anlehnung an einen solchen bzw. die Sicherstellung der Zahlung ortüblicher Vergütungen an ihre Beschäftigten zu übermitteln. Diese Verlängerung war notwendig geworden, da die erforderlichen Umsetzungs-Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes erst Ende Januar 2022 veröffentlicht worden waren und damit knapp vier Monate später, als vom Gesetzgeber in § 72 Absatz 3c Satz SGB XI geregelt.
Ferner hat das Bundesgesundheitsministerium den GKV-Spitzenverband im März 2022 dazu aufgefordert, § 3 Absatz 3 der Zulassungs-Richtlinie kurzfristig dahingehend zu ändern, dass die Pflicht zur ortsüblichen Entlohnung unter Einbeziehung variabler pflegetypischer Zuschläge ausgesetzt wird. Bei dem BMG sind in erheblichem Umfang Nachfragen der Verbände der Pflegeeinrichtungen zu der Plausibilität der Datengrundlagen und der Verpflichtung zur Zahlung dieser Zuschläge eingegangen, sodass hier die Datenlage erst überprüft werden soll, bis die Regelung auf alle Pflegeeinrichtungen, die eine ortsübliche Vergütung zahlen, angewendet werden soll.
Erhöhte Mindestlöhne in der Pflege ab 01.09.2022
Die zuständige Pflegekommission hat sich am 05.02.2022 auf die Erhöhung der Mindestlöhne für die Beschäftigten in der Altenpflege geeinigt. Hiernach sind die folgenden Erhöhungsschritte für die einzelnen Qualifikationsstufen geplant:
Pflegehilfskräfte
- ab 01.09.2022: 13,70 €
- ab 01.05.2023: 13,90 €
- ab 01.12.2022: 14,15 €
Qualifizierte Pflegehilfskräfte mit mindestens 1-jähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit
- ab 01.09.2022: 14,60 €
- ab 01.05.2023: 14,90 €
- ab 01.12.2022: 15,25 €
Pflegefachkräfte
- ab 01.09.2022: 17,10 €
- ab 01.05.2023: 17,65 €
- ab 01.12.2022: 18,25 €
Bis zum 30.04.2022 gilt noch die derzeitige Pflegemindestlohn-Verordnung. Hiernach steigen die Mindestlöhne in der Pflege zum 01.04.2022 für Pflegehilfskräfte auf 12,55 €, für qualifizierte Pflegehilfskräfte auf 13,20 € und für Pflegefachkräfte auf 15,40 € pro Stunde.
Weitere Informationen über uns finden Sie auf www.vandrey-hoofe.de
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