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Newsletter Altenpflege 01/2023
01/2023
Neues aus der Rechtsprechung
Der Nachweis ausreichender Personalbemessung im Pflegeheim ist nach Lage des Einzelfalls zu prüfen.
(OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 18.08.2022, OVG 6 S 45/22)
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte im einstweiligen Rechtsschutz darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen die vorläufige Betriebsuntersagung einer Pflegeeinrichtung rechtmäßig ist.
Die brandenburgische Aufsicht für unterstützte Wohnformen hatte gegenüber einer Pflegeeinrichtung wegen Mängeln eine Betriebsuntersagung ausgesprochen und angeordnet, dass der Widerspruch der Heimbetreiberin keine aufschiebende Wirkung haben sollte. Die Pflegeeinrichtung beantragte vor dem Verwaltungsgericht (VG) Cottbus die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Das VG lehnte den Antrag ab. Das OVG Berlin-Brandenburg wies die hiergegen eingelegte Beschwerde der Heimbetreiberin zurück.
Gerichte führen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids durch. Im vorliegenden Fall kamen das VG und das OVG zu dem Ergebnis, dass die Betriebsuntersagung wohl auch im Hauptsacheverfahren für rechtmäßig angesehen werden dürfte, sodass der begehrte einstweilige Rechtsschutz durch die Gerichte versagt wurde. Die Aufsicht für unterstützte Wohnformen war zuvor in diversen Prüfungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die erforderliche Personalausstattung vom Pflegeheim nicht vorgehalten werden kann und sprach die Betriebsuntersagung aus.
Das OVG stellt klar, dass die Beurteilung, ob die Zahl der Beschäftigten einer Einrichtung ausreichend ist, nicht anhand starrer Zahlen, sondern nach Lage des Einzelfalls und der dafür relevanten Gesichtspunkte getroffen werden muss. Zu berücksichtigen seien dabei insbesondere die konkrete Anzahl und der Gesundheitszustand der Bewohner, der Grad der Pflegebedürftigkeit und damit die Arbeitsintensität und Schwierigkeit der personellen Leistungen sowie auch die bauliche Beschaffenheit oder die sachliche Ausstattung der Pflegeeinrichtung. Dies ergebe sich aus § 9 Absatz 1 BbgPBWoG und der Brandenburgischen Strukturqualitätsverordnung. Aus Sicht des Gerichtes reicht es aus, dass die Aufsicht für unterstützte Wohnformen für die Prüfung einer ausreichenden personellen Versorgung der in der Pflegeeinrichtung lebenden Bewohner im Wesentlichen auf Bewohnerlisten mit Angabe der Pflegegrade sowie die Soll- und Ist-Dienstpläne der Heimbetreiberin zurückgegriffen hatte.
Anmerkung:
Die Aufsicht für unterstützte Wohnformen kam im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der erforderlichen Pflegefach- und -hilfskräfte weder am Tag noch in der Nacht eingehalten wurde. Die Einrichtung verfügte über keine festangestellten Fachkräfte mehr, sondern konnte hier nur ständig wechselnde Leasingkräfte einsetzen. Über Monate gab es weder eine Heimleitung noch eine Pflegedienstleitung. Die Mitteilung der Heimbetreiberin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, dass nunmehr zumindest die vakanten Stellen der Heim- und Pflegedienstleitung besetzt werden konnten, reichte dem OVG Berlin-Brandenburg nicht aus, um die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.
Keine grundlose Unterbindung des Umgangs durch gesetzliche Betreuerin.
(AG Brandenburg, Beschluss vom 10.11.2022, 85 XVII 127/20)
Das Amtsgericht (AG) Brandenburg hatte über den Antrag einer gesetzlichen Betreuerin auf Erweiterung des Aufgabenkreises zur Regelung des persönlichen Umgangs des Betroffenen zu entscheiden.
Der Betroffene übernachtete wiederholt bei einer Bekannten, konsumierte dort wohl Alkohol und kehrte erst am nächsten Morgen in das Pflegeheim zurück. Die gesetzliche Betreuerin wollte dem Betroffenen daraufhin den Umgang mit seiner Bekannten untersagen, was der Betroffene ablehnte.
Auch das AG Brandenburg sah keinen hinreichenden Grund für die Erweiterung des Aufgabenkreises. Aus Sicht des Gerichtes kann dann die Vergabe des Aufgabenkreises "Umgangsbestimmung" erforderlich sein, wenn bei dem Betroffenen aufgrund seiner Erkrankung eine konkrete Gefährdung durch den Umgang vorliegt. Das sei u.a. dann der Fall, wenn die dritte Person Gewalt gegen den Betroffenen anwende, Kontakte zu Drogen vermittele, eine Dekompensierung des Betroffenen verursache, den Betroffenen unter psychischen Druck setze, einen erheblichen Leidensdruck bei dem Betroffenen hervorrufe oder dem Betroffenen Geld oder andere Vermögenswerte „abschwatze“. Nichts von alledem war aus Sicht des Gerichts im vorliegenden Fall gegeben. Das Amtsgericht stellte klar, dass gut gemeintes therapeutisches Vorgehen oder gar „Erziehungsversuche“ gegen den Willen
des Betroffenen und ohne konkrete Gefährdungsmomente die Vergabe des Aufgabenkreises "Umgangsbestimmung" nicht rechtfertigen.
Anmerkung:
Durch die am 01.01.2023 in Kraft getretene Reform des Betreuungsrechts ist der Aufgabenbereich "Bestimmung des Umgangs und des Aufenthalts des Betreuten" in § 1834 BGB geregelt worden. Der vorliegende Beschluss des AG Brandenburg bietet hilfreiche Ausführungen dazu, wann überhaupt der Aufgabenbereich "Umgang" aus Sicht des Betreuungsgerichts regelungsbedürftig sein kann.
Neues aus der Gesetzgebung
Erhöhung der Mindeslöhne in der Pflege zum 01.05.2023
Zum 1. Mai 2023 wird die nächste Erhöhung der Mindestlöhne für alle in der Pflege Beschäftigten durchgeführt. Danach erhalten Pflegehilfskräfte ab 01.05.2023 einen Stundenlohn von 13,90 €. Qualifizierte Pflegehilfskräfte mit mindestens 1-jähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit erhalten einen Mindestlohn von 14,90 € pro Stunden. Pflegefachkräfte sind ab 01.05.2023 mit 17,65 € pro Stunde zu vergüten.
Anhebung des Schonvermögensbetrags
Leistungsbeziehern in der Sozialhilfe (u.a. Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung, Hilfe zur Pflege) steht seit 01.01.2023 ein Schonvermögensbetrag nach § 90 Absatz 1 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 10.000,- € zu. Dies gilt für erwachsene Leistungsbezieher sowie deren Ehe-/Lebenspartner und für alleinstehende minderjährige Personen. Bei allen weiteren Leistungsbeziehern verbleibt es bei einem Schonvermögensbetrag i.H.v. 500,- €.
Neu aufgenommen in den Katalog des geschützten Vermögens wurde ein angemessenes Kraftfahrzeug nach § 90 Absatz 1 Nr. 10 SGB XII. Die Angemessenheitsgrenze soll bei einem Verkehrswert von 7.500,- € liegen.
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