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Newsletter Altenpflege 03/2025
03/2025
Neues aus der Rechtsprechung
Die Überprüfung der Entgelterhöhungen durch die Heimaufsicht kann zulässig sein.
(VG Halle, Urteil v. 27.06.2024, 5 A 156/22 HAL)
Das Verwaltungsgericht (VG) Halle hatte über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Heimaufsicht zu entscheiden, mit dem diese die Rücknahme der Erhöhung von Investitionskosten und die Rückerstattung zuviel gezahlter erhöhter Investitionskosten anordnete.
Die klagende Pflegeheimbetreiberin hatte gegenüber den Bewohnern eines Pflegeheimes die Erhöhung der Investitionskosten mit einem Entgelterhöhungsschreiben angekündigt. Hierin wurde die Erhöhung der Investitionskosten begründet mit erhöhten Kosten für Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten, die Einhaltung verschiedener Regularien der Heimbauverordnung und mit erhöhten Zinsen auf das Eigenkapital. Vor Versendung der Entgelterhöhungsankündigung war das Schreiben dem Bewohnerbeirat weitergeleitet worden. Dieser wandte sich an die Heimaufsicht und bat um Prüfung der erhöhten Entgelte.
Die zuständige Heimaufsichtsbehörde erließ daraufhin im Jahr 2022 den streitgegenständlichen Bescheid. Diesen begründete sie unter anderem damit, dass der Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank bereits seit 2013 negativ sei, sodass eine fiktive Verzinsung in Höhe von 4% des Anlagevermögens für das Eigenkapital durch die Klägerin unangemessen sei.
Das Gericht hob den Bescheid auf. Im Urteil stellte es allerdings klar, dass die Beklagte grundsätzlich die Befugnis hat, die Erhöhung des Entgeltes für betriebsnotwendige Investitionen zu überprüfen und sie durch Erlass eines Verwaltungsaktes zu begrenzen. Dies ergibt sich aus § 14 des Wohn- und Teilhabegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (WTG LSA).
Aus Sicht des Gerichtes war es aber rechtswidrig, die Berücksichtigung von fiktiven Eigenkapitalzinsen faktisch zu unterbinden, indem die beklagte Heimaufsicht auf einen negativen Leitzins der EZB abstellte. Nach Auffassung des Gerichtes war eine Geltendmachung fiktiver Eigenkapitalzinsen auf eingesetztes Eigenkapital der Klägerin zulässig, da sie auf Eigenmittel zurückgreift, statt Kredite aufzunehmen und dadurch auf Erträge durch anderweitige Anlage ihrer Eigenmittel verzichtet. Mit der Zugrundlegung eines negativen Basiszinssatzes der EZB verkenne die Heimaufsicht, dass auch im Niedrigzinsumfeld Kreditnehmer trotzdem Zinsen zahlen mussten.
Anmerkung:
Das VG Halle lässt es offen, ob der von der Klägerin geltend gemachte Satz von 4% Eigenkapitalverzinsung angemessen ist. Im Urteil führt es allerdings aus, dass im Jahr 2019 durchschnittlich eine Kreditverzinsung von 1,56% für Unternehmerkredite erfolgte. Dies lässt darauf schließen, dass jedenfalls im streitgegenständlichen Fall der geltend gemachte Zinssatz von 4% unangemessen war.
Das Urteil verdeutlicht, dass Heimaufsichtsbehörden dazu befugt sind, auch Entgelterhöhungen zu überprüfen und im Wege eines Verwaltungsaktes zu begrenzen. Entsprechende gesetzliche Regelungen finden sich in § 17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 16 WTG Berlin und § 6 Abs. 2 Nr. 5 PBWoG Brandenburg.
Eine längere Kündigungsfrist kann in der Probezeit zulässig sein.
(LAG Hessen, Urteil v. 29.10.2024, 8 Sa 1057/23)
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen hatte darüber zu entscheiden, ob eine durch die Arbeitgeberin in der Probezeit ausgesprochene Kündigung mit verlängerter Kündigungsfrist über die Probezeit hinaus zulässig ist.
Die beklagte Arbeitgeberin hatte die klagende Arbeitnehmerin mit einer sechsmonatige Probezeit zum 01.01. angestellt. Aus Sicht der Arbeitgeberin hatte sich die Arbeitnehmerin während der Probezeit nicht bewährt. Sie teilte ihr im Mai mit, dass sie beabsichtigte, diese zum Ende der Probezeit zu kündigen. Daraufhin legte die Arbeitnehmerin einen "Maßnahmenplan" vor, mit dem sie die Situation verbessern wollte. Die Arbeitgeberin kündigte ihr daraufhin am 02.06. zum 31.12. des Jahres mit der Option, einen neuen Arbeitsvertrag abzuschließen, wenn sie sich in der verlängerten Probezeit bewährt habe.
Daraufhin erhob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht. Sowohl das Arbeitsgericht Offenbach als auch das Landesarbeitsgericht Hessen wiesen ihre Klage ab.
Beide Gerichte verwiesen darauf, dass der Klägerin vor Ablauf der sechsmonatigen Probezeit kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zustand. Es hat aus Sicht der Gerichte auch keine Umgehung der Kündigungsfristen nach dem KschG vorgelegen. Die Verlängerung der Kündigungsfrist um sechs Monate sei nicht unangemessen lang gewesen, so dass kein sitten- oder treuwidriges Verhalten der Arbeitgeberin vorgelegen habe. Ferner folgten die Gerichte der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin, wonach die verlängerte Probezeit nicht nur im überwiegenden Arbeitgeberinteresse lag, sondern der Arbeitnehmerin eine Bewährungschance gegeben werden sollte. Ferner folgten die Gerichte der Rechtsauffassung der Klägerin nicht, wonach eine verbindliche Wiedereinstellungszusage durch die Arbeitgeberin nach Ablauf der verlängerten Probezeit erforderlich gewesen sei.
Hinweis:
Gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen ist die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht anhängig.
Zum Einzelzimmergebot nach der Strukturqualiätsverordnung Brandenburg
(VG Cottbus, Urteil v. 26.05.2025, 4 K 1645/20)
Das Verwaltungsgericht (VG) Cottbus hatte u.a. darüber zu entscheiden, ob das Einzelzimmergebot von § 8 Abs. 2 Satz 1 Strukturqualitätsverordnung Brandenburg (SQV BB) Anwendung findet.
Die Klägerin betreibt eine Pflegeeinrichtung mit 27 Einzelzimmern und 45 Doppelzimmern. Sie beantragte beim Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV) Brandenburg die Feststellung, dass alle Doppelzimmer in ihrem Pflegeheim die zwingenden Anforderungen nach § 8 Absätze 1 bis 3 SQV BB erfüllen. Hilfsweise beantragte sie das Recht auf Weiternutzung aller Doppelzimmer bis mindestens 2035. Aus Sicht der Klägerin ist der Verordnung nicht zwingend eine Pflicht zum Umbau der Einrichtung auf lediglich Einzelzimmer zu entnehmen. Der Beklagte erließ daraufhin 2020 einen Bescheid, in dem er die Klägerin dazu verpflichtete, bis 2021 sämtliche Doppelzimmer in Einzelzimmer umzubauen. Hiergegen erhob die Klägerin vor dem VG Cottbus Klage und beantragte festzustellen, dass sie auch in Zukunft das Recht hat, die Doppelzimmer als solche zu nutzen. Ferner beantragte sie die Aufhebung des Bescheides des Beklagten im Hinblick auf die eng gesetzte Frist zum Umbau der Doppelzimmer.
Das VG kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin kein Recht darauf hat, dauerhaft ihre Doppelzimmer als solche weiter zu nutzen. Aus Sicht des Gerichtes ergibt die SQV BB die Verpflichtung zum Umbau von Doppelzimmern in Einzelzimmer. Das Gericht prüfte die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung und kam zu dem Ergebnis, dass sie nicht gegen Artikel 12 und Artikel 14 Grundgesetz verstößt.
Das Gericht hob allerdings die Umsetzungspflicht bis 2021 auf und teilte mit, dass der Beklagte die Berechnung der zehnjährigen Übergangsfrist falsch vorgenommen hatte. Diese Frist laufe nicht ab Inkrafttreten der Verordnung im Jahr 2011, sondern ab deren erstmaliger Gewährung durch das LASV. Nach Aufhebung des Bescheides habe der Beklagte eine neue Übergangsfrist mit Bescheid einzuräumen.
Anmerkung:
Aufgrund der sprachlich wenig gelungenen Regelung des Einzelzimmergebots in der Strukturqualitätsverordnung Brandenburg bestehen viele Unklarheiten im Hinblick auf dessen Umsetzung. Das VG Cottbus hat nun eine grundsätzliche Einschätzung getroffen, dass das Einzelzimmergebot in der vorliegenden Form verfassungskonform sein soll. Es bleibt abzuwarten, ob das OVG Berlin-Brandenburg diese Rechtsprechung bestätigen wird.
Weitere Informationen über uns finden Sie auf www.vandrey-hoofe.de
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