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Newsletter Altenpflege 04/2025
04/2025
Neues aus der Rechtsprechung
Keine Gebührenpflicht des Pflegeheims für Zurückbringen von Bewohner durch die Bundespolizei.
(VG Berlin, Urteil v. 30.10.2025, 1 K 86/24)
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hatte darüber zu entscheiden, ob ein Pflegeheim von der Bundespolizei auf Gebühren für die Rückführung eines Bewohners in Anspruch genommen werden durfte, der aus dem Pflegeheim weggelaufen war.
Der Bewohner lebte zunächst in einer Einrichtung der Klägerin für junge pflegebedürftige Menschen. Als diese geschlossen wurde, zog er in ein Altenpflegeheim der Klägerin um. Bei seinem Einzug dort war er auf den Rollstuhl angewiesen. Im Verlaufe seines dortigen Aufenthalts besserte sich sein Gesundheitszustand, so dass er wieder selbständig laufen konnte. Er leidet an einer schweren psychischen Erkrankung, mit der Weglauftendenzen einhergehen.
Der Bewohner war wiederholt von der Bundespolizei am Bahnhof aufgegriffen worden und in das Pflegeheim zurückgebracht worden. Im April 2023 erließ die Bundespolizei gegenüber dem Pflegeheim einen Gebührenbescheid über 333,45 €. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen. Dagegen erhob die Pflegeeinrichtung Klage vor dem VG Berlin. Das Gericht gab der Klage statt und verurteilte die Bundespolizei zur Aufhebung des Gebührenbescheids und zur Rückzahlung der festgesetzten Gebühren an die Klägerin.
§ 3 des Gesetzes über die Gebühren und Auslagen des Bundes (BGebG) regelt die individuelle Zurechenbarkeit öffentlicher Leistungen. Nach § 3 Absatz 2 Nr. 4 BGebG ist eine Leistung zurechenbar, bei der ein Anknüpfungspunkt im Pflichtenkreis des von der Leistung Betroffenen rechtlich begründet ist. Nach Auffassung des Gerichts setzt die Zuordnung der Ingewahrsamnahme und Rückführung einer hilflosen, weggelaufenen Person zum Pflichtenkreis des Pflegeheims nicht nur voraus, dass das Pflegeheim in irgendeiner Form für die Aufsicht über die hilflose Person verantwortlich ist. Vielmehr müsse dem Pflegeheim eine öffentlich-rechtliche Aufsichtspflicht zukommen, also eine Aufsichtspflicht, die gegenüber der Allgemeinheit bestehe. Eine solche Aufsichtspflicht lasse sich nicht aus dem Wohn- und Betreuungsvertrag begründen.
Das Gericht führt weiter aus, dass es sich bei der Pflegeeinrichtung um eine offene Einrichtung handelt, die das Kommen und Gehen der Bewohner nicht reguliert. Ferner war dem Pflegeheim bei Aufnahme des Bewohners die spezielle Problematik des Weglaufdrangs nicht bekannt, da es im Zeitpunkt der Aufnahme keinen Anhaltspunkt dafür gab.
Anmerkung:
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin ist zu begrüßen, da sie - hoffentlich - der zunehmend geübten Praxis der Bundespolizei, Gebührenbescheide gegen Pflegeheime zu erlassen, einen Riegel vorschieben wird. Allerdings wird aus der Entscheidung auch deutlich, dass eine Gebührenpflicht bei geschlossen untergebrachten Bewohnern, die trotzdem weglaufen und von der Polizei zurückgebracht werden müssen, sehr wohl bestehen kann, da es sich in einem solchen Fall wohl um eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Beaufsichtigung durch das Pflegeheim handeln könnte.
Ein Antrag auf Genehmigung des Hochklappens von Bettgittern beinhaltet auch den Antrag auf Erweiterung der Betreuung um den Aufgabenkreis "freiheitsentziehende Maßnahmen".
(LG Frankfurt a.M., Beschluss v. 13.08.2025, 2-12 T 97/25)
Das Landgericht (LG) Frankfurt a.M. hatte über die Beschwerde einer rechtlichen Betreuerin auf Ablehnung der Genehmigung von freiheitsentziehenden Maßnahmen durch das Amtsgericht (AG) Frankfurt a.M. zu entscheiden.
Die rechtliche Betreuerin hatte für eine Betreute, die an vaskulärer Demenz und einer halbseitigen Lähmung aufgrund eines Schlaganfalls leidet, beantragt, dass im Pflegeheim die Bettgitter des Pflegebettes hochgeklappt werden dürfen. Das AG lehnte die Genehmigung ab, da das Hochklappen der Bettgitter aus seiner Sicht nicht erforderlich war. Hiergegen legte die gesetzliche Betreuerin Beschwerde ein, der das LG stattgab und ihr zugleich den Aufgabenkreis "freiheitsentziehende Maßnahmen" befristet bis August 2027 übertrug.
Das Gericht stellte dabei fest, dass der Antrag auf Genehmigung des Hochklappens der Bettgitter konkludent auch den Antrag auf Übertragung des Aufgabenkreises "freiheitsentziehende Maßnahmen" nach § 1831 Absatz 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) umfasst. Das LG führte weiter aus, dass die Betreute aufgrund ihrer Erkrankung keinen freien Willen mehr bilden kann und so nicht mehr in der Lage ist, selbst über das Hochklappen der Bettgitter zu entscheiden. Ferner lasse sie sich aus dem Bett fallen, so dass das Hochklappen der Bettgitter zu ihrem Schutz erforderlich sei.
Hinweis:
Seit der Reform des Betreuungsrechts 2023 reicht es nicht aus, dass rechtlichen Betreuern die Aufgabenkreise "Aufenthaltsbestimmung" und "Gesundheitssorge" übertragen wurde, um freiheitsentziehende Maßnahmen anordnen zu dürfen. Vielmehr muss ihnen zur Anordnung solcher Maßnahmen der Aufgabenkreis "freiheitsentziehende Maßnahmen" vom Betreuungsgericht übertragen worden sein. Dieses Wissen ist noch nicht bei allen rechtlichen Betreuern vorhanden. Mit der vorliegenden Gerichtsentscheidung wird diesem Erfordernis auf prakmatische Weise Rechnung getragen, indem das Gericht davon ausgeht, dass der Antrag auf Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme auch den Antrag auf Erweiterung der rechtlichen Betreuung um den erforderlichen Aufgabenkreis umfasst.
Neues aus der Gesetzgebung
Änderungen durch das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege (BEEP)
Das BEEP wird planmäßig 2026 in Kraft treten. Nachdem der Bundestag in seiner Sitzung im November 2025 das BEEP um eine umstrittene Klausel zur Krankenhausfinanzierung erweitert hatte, hatte der Bundesrat zunächst seine Zustimmung verweigert und das Gesetz in den Vermittlungsausschuss überwiesen. Dort konnte eine Lösung gefunden werden, der Bundestag und Bundesrat am 19.12.2025 zugestimmt haben.
Das BEEP bringt u.a. die folgenden Änderungen:
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Qualifizierte Pflegefachkräfte dürfen eigenverantwortlich bestimmte Leistungen ausüben, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Dies betrifft die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden sowie die Versorgungsgebiete Diabetes Mellitus und Demenz. Zusätzlich können Pflegefachkräfte auch häusliche Krankenpflege sowie Pflegehilfsmittel im häuslichen Umfeld verordnen.
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Die Dokumentationspflichten werden auf ein „notwendiges Maß“ begrenzt. Prüfungen durch den MD und die Heimaufsicht sollen besser koordiniert und Doppelprüfungen vermieden werden. Prüfungsankündigungen sollen rechtzeitiger erfolgen.
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Die Inanspruchnahme von Verhinderungspflege wird auf das laufende und das vorangegangene Jahr begrenzt. Bisher bestand die Möglichkeit, Verhinderungspflege für bis zu vier Jahre rückwirkend geltend zu machen.
- Es sind nur noch zwei verpflichtende Beratungsbesuche pro Jahr bei Inanspruchnahme von Pflegeleistungen der Pflegegrade 2 bis 5 im häuslichen Umfeld erforderlich. Bisher waren bei den Pflegegraden 4 und 5 vier verpflichtende Beratungsbesuche pro Jahr erforderlich.
Weitere Informationen über uns finden Sie auf www.vandrey-hoofe.de
Wir wünschen Ihnen fröhliche Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr!
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