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Newsletter Behindertenhilfe 02/2024
02/2024
Neues aus der Rechtsprechung
Zum Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
(BAG, Urteil v. 13.12.2023, 5 AZR 137/23)
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte darüber zu entscheiden, ob der Arbeitgeber einem gekündigten Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten hatte.
Der Arbeitgeber kündigte den Arbeitnehmer zum 31.05.2022. Am 02.05.2022 meldete sich der Arbeitnehmer zunächst bis zum 06.05.2022 krank und blieb dies schließlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Hierfür reichte er im Zeitraum bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwei weitere Arbeitsunfähigkeits(AU)-Bescheinigungen beim Arbeitgeber ein. Direkt im Anschluss an die abgelaufene Kündigungsfrist nahm er eine neue Tätigkeit auf. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung von Arbeitsentgelt für den streitigen Zeitraum, da er wegen der Deckungsgleichheit der Kündigungsfrist und des Erkrankungszeitraums erhebliche Zweifel an einer tatsächlichen Erkrankung des Arbeitnehmers hatte.
Die Vorinstanzen verurteilten den Arbeitgeber für den Mai 2022 zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das BAG hob diese Entscheidungen teilweise auf und verurteilte den Arbeitgeber lediglich für den Zeitraum 01.05. bis 06.05.2022 zur Entgeltfortzahlung, wies aber die Klage des Arbeitnehmers im übrigen ab.
Das Gericht erläutert in seiner Entscheidung, dass die AU-Bescheinigung einen hohen Beweiswert im Rechtsstreit hat. Ein einfaches Bestreiten des Arbeitgebers mit mangelnder Kenntnis von der Erkrankung des Arbeitnehmers reiche nicht aus. Allerdings könne der Arbeitgeber mit seinem Vorbringen im Rechtsstreit den Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttern, so dass die Beweislast für eine tatsächliche Erkrankung wieder beim Arbeitnehmer liege. Das BAG sah den Beweiswert der ersten AU-Bescheinigung, die bis zum 06.05.2022 ging, als nicht erschüttert an, da hierfür bereits die Tatsache sprach, dass dem Arbeitnehmer die Kündigung erst am 03.05.2022 zugegangen war und er von der beabsichtigten Kündigung zuvor keine Kenntnis hatte. Allerdings hielt das BAG die beiden weiteren AU-Bescheinigungen nicht für ausreichend beweiskräftig, da der Arbeitnehmer sich genau bis zum 31.05.2022 (einem Dienstag) krank schreiben ließ und ab dem 01.06.2022 eine neue Arbeitsstelle bei einem anderen Arbeitgeber antrat.
Anmerkung:
Es ist nicht selten, dass Arbeitnehmer sich nach Erhalt einer Kündigung krank melden. Im Regelfall ist der Beweiswert solcher Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen im Rechtsstreit schwer zu erschüttern. Sprechen aber - wie im vorliegenden Fall - belegbare Anzeichen dafür, dass der Arbeitnehmer nicht tatsächlich erkrankt war, so kann es im Einzelfall erfolgreich sein, eine Entgeltfortzahlung zu verweigern.
Auch ein spezielles Huntington-Pflegebett ist von der Einrichtung zur Verfügung zu stellen
(LSG Hessen, Beschluss vom 08.03.2024, L 6 P 5/24 B ER)
Das Landessozialgericht (LSG) Hessen hatte im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes darüber zu entscheiden, ob die Krankenkasse oder die Pflegekasse einer an Huntington leidenden Bewohnerin eines Pflegeheims ein speziell für diese Erkrankung ausgerichtetes Pflegebett zu finanzieren hat.
Die 1988 geborene Antragstellerin leidet an der Huntington-Krankheit im klinischen Stadium V von V. Bei ihr ist der Pflegegrad 5 festgestellt. Sie lebt in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Ihre gesetzliche Betreuerin beantragte die Kostenübernahme des Pflegebettes „ChoReha B“ der Firma SAVI mit Sondermaßen für Pflege und Therapieanwendungen 200 x 120 cm. Der Antrag wurde abgelehnt und der daraufhin erhobene Widerspruch zurückgewiesen. Die Antragstellerin beantragte vor dem zuständigen Sozialgericht Gießen eine vorläufige Kostenübernahme für das Pflegebett im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes mit der Begründung, dass sie sich in der Endphase ihrer Erkrankung befindet und ihr ein Warten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht möglich ist, das parallel beim Sozialgericht Gießen anhängig ist.
Das SG Gießen lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Das LSG Hessen wies eine dagegen gerichtete Beschwerde ab. Aus seiner Sicht hatte die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass ihre aktuelle Pflegesituation in dem derzeit vom Pflegeheim zur Verfügung gestellten Pflegebett unzumutbar ist, so dass es aus Sicht des Gerichtes schon an der Dringlichkeit der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz fehlte.
Die Pflegekasse war nach Auffassung des LSG nicht einstandspflichtig, da eine solche Pflicht zur Kostenübernahme nur im ambulanten Bereich besteht (§ 40 SGB XI). Im stationären Bereich seien mit der Pflegevergütung nach § 43 SGB XI sämtliche Leistungen an die Antragstellerin abgegolten. Aus Sicht des Gerichts war auch die Krankenkasse mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht einstandspflichtig, da hier die Verpflichtung des Pflegeheims vorging, alle erforderlichen Pflegehilfsmittel zur Verfügung zu stellen.
Anmerkung:
Nach der Rechtsprechung der Landessozialgerichte haben auch besondere Wohnformen wie ein Pflegeheim die erforderlichen Pflegehilfsmittel für pflegebedürftige Bewohner der Pflegegrade 2 bis 5 vorzuhalten. Auch der vorliegende Beschluss dürfte daher auf besondere Wohnformen Anwendung finden. Es ist daher angeraten, bei den Entgeltverhandlungen auch eine Kostenposition für Pflegehilfsmittel in die Verhandlungen einzubringen, soweit in der besonderen Wohnform solche Pflegehilfsmittel wie bspw. Pflegebetten oder Patientenlifter für pflegebedürftige Bewohner zum Einsatz kommen.
Neues aus der Gesetzgebung
Ab Juli 2024 dürfen Vermieter die Kosten für einen gemeinschaftlichen Fernsehanschluss nicht mehr umlegen
Zum 01.07.2024 tritt eine Änderung in § 2 Nr. 15 Betriebskostenverordnung (BetrKV) in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Vermieter die Kosten des Betriebs einer Gemeinschafts-Antennenanlage (Nr. 15 a) oder eines gemeinschaftlichen Kabelfernsehanschlusses (Nr. 15 b und c) im Haus nicht mehr auf die Mieter umlegen.
Sollte eine solche Umlage bisher in Wohngemeinschaften oder dem betreuten Einzelwohnen in der Trägerwohnung erfolgt sein, so darf die entsprechende Vorauszahlung ab kommenden Monat nicht mehr gefordert werden.
Dies gilt nicht für besondere Wohnformen. Hier regelt § 42a Absatz 5 Satz 4 Nr. 4 SGB XII unverändert, dass mit den Bewohnern ein Zuschlag für "Gebühren für Telekommunikation sowie Gebühren für den Zugang zu Rundfunk, Fernsehen und Internet" vereinbart werden darf.
Weitere Informationen über uns finden Sie auf www.vandrey-hoofe.de
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