- Sie sind hier: Start
- Newsletter
- Ansicht
Newsletter Behindertenhilfe 04/2024
04/2024
Neues aus der Rechtsprechung
Ein mobiler Patientenlifter muss von der besonderen Wohnform vorgehalten werden.
(LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 28.08.2024, L 10 KR 71/24 B ER)
Das Landessozialgericht (LSG) Schleswig-Holstein hatte darüber zu entscheiden, ob die gesetzliche Krankenkasse der Bewohnerin einer besonderen Wohnform im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Kosten eines Patientenlifters vorläufig bis zu Entscheidung in der Hauptsache zu übernehmen hatte.
Die schwerstmehrfach behinderte Bewohnerin lebt seit 20 Jahren in der Einrichtung des zum Verfahren beigeladenen Leistungserbringers. Sie ist regelmäßig auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen. Die Pflegekasse hat den Pflegegrad 4 festgestellt. Der Leistungserbringer ist im Rahmen der Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen auch zur Erbringung der Grundpflege nach § 43a SGB XI verpflichtet.
Aufgrund ärztlicher Verordnung legte der Leistungserbringer der Krankenkasse einen Kostenvoranschlag über einen Patientenlifter i.H.v. rund 5.400,- € vor. Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme ab und verwies darauf, dass der Leistungserbringer die Kosten im Rahmen der Eingliederungshilfe selbst zu tragen hat.
Das Sozialgericht Kiel hatte einen Antrag auf Eilrechtsschutz zur Versorgung mit dem Patientenlifter abgelehnt. Das LSG Schleswig-Holstein bestätigte diese Entscheidung und wies die Beschwerde der behinderten Antragstellerin zurück.
Bei dem Patientenlifter handele es sich unstreitig um ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V. Damit sei die Krankenkasse dem Grunde nach zuständig für die Versorgung der Antragstellerin mit diesem Hilfsmittel. Aus Sicht des Gerichts kommt dieser Grundsatz aber in einer besonderen Wohnform nicht zur Anwendung. Das LSG führt aus, dass Bewohner eines stationären Pflegeheims gegen das Heim einen Anspruch auf Versorgung mit den erforderlichen Pflegehilfsmitteln haben. Dies ergebe sich aus § 43 SGB XI. Diese Regelung findet nach Auffassung des Gerichts über §§ 43a, 71 Abs. 4 SGB XI Anwendung auf besondere Wohnformen der Behindertenhilfe. Daher müsse der Leistungserbringer den Patientenlifter vorhalten, eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse scheide hingegen aus.
Anmerkung:
Mit der Entscheidung des LSG Schleswig-Holstein wird die landessozialgerichtliche Rechtsprechung der letzten Jahre fortgesetzt, wonach die Verpflichtung zum Vorhalten von Pflegehilfsmitteln in den besonderen Wohnformen bei den Leistungserbringern gesehen wird und eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen ausscheidet. Es ist dringend angeraten, in den Kostensatzverhandlungen mit den Leistungsträgern die Kostenposition "Pflegehilfsmittel" mitzuverhandeln, soweit in der besonderen Wohnform stärker pflegebedürftige Menschen betreut und im Rahmen der Grundpflege gepflegt werden und hierfür auch Pflegehilfsmittel wie ein Patientenlifter verwendet werden.
Zum Umlagemaßstab einer Entgelterhöhungsankündigung
(OLG Zweibrücken, Urteil vom 20.08.2024, 8 U 62/23)
Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hatte über die Rechtmäßigkeit der Abmahnung eines Verbrauchervereins gegenüber einem Pflegeheim zu entscheiden, das aus Sicht des Verbrauchervereins nicht die erforderlichen inhaltlichen Anforderungen an eine Entgelterhöhungsankündigung eingehalten hatte.
Das Pflegeheim kündigte mit Schreiben vom 01.06.2022 gegenüber den Bewohnern eine Entgelterhöhung zum 01.07.2022 an. Der Verbraucherverein bemängelte, dass das Anschreiben nicht ausreichend zwischen Einzel- und Doppelzimmern unterscheidet und den Umlagemaßstab nicht anführt. Die Begründung für die einzelnen Kostensteigerungen sei nicht hinreichend dargelegt. Die Mieterhöhung und die Instandhaltungskostensteigerungen hätten konkret beziffert werden müssen. Ferner werde der Eindruck erweckt, dass die Erhöhung auch ohne Zustimmung der Bewohner wirksam werde. Stattdessen hätte eine von beiden Seiten zu unterzeichnende Nachtragsvereinbarung vorgesehen werden müssen.
Das zuständige Landgericht wies die Klage des Verbrauchervereins zunächst ab. Das OLG Zweibrücken gab der Berufung lediglich hinsichtlich zwei Punkten statt. Aus Sicht des Gerichts war der Umlagemaßstab der Entgelterhöhungsankündigung nicht zu entnehmen. Ferner erwecke das Schreiben den Eindruck, dass eine Entgelterhöhung auch ohne Zustimmung der Bewohner gelten würde.
Aus Sicht des OLG handelt es sich bei dem anzugebenden Umlagemaßstab um den Parameter, nach dem die gestiegenen Kosten auf die Entgelte kalkulatorisch umgelegt werden. Dies könne im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft die Größe des belegten Wohnraums nach Quadratmetern, die Kopfzahl der Bewohner oder die (maximale) Anzahl der belegbaren Heimplätze sein, während die Bezeichnung „pflegetäglich“ insofern nicht ausreiche, weil sie keinen Umlage-, sondern allenfalls einen Abrechnungsmaßstab darstelle.
Ferner führt das Gericht aus, dass eine dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 9 WBVG entsprechende Mitteilung über eine geplante Entgelterhöhung klar zu erkennen geben muss, dass es sich lediglich um eine beabsichtigte Erhöhung handelt. Keinesfalls dürfe der Eindruck erweckt werden, dass es einer Zustimmung der Bewohner zu dem Entgelterhöhungsverlangen nicht bedürfe.
Anmerkung:
Das OLG Zweibrücken wies einen Großteil der vom Verbraucherverein bemängelten Punkte zurück. Für die überzogenen Anforderungen an die Entgelterhöhungsankündigung, die der Verbraucherverein durchzusetzen versuchte, sah das Gericht keine Grundlage in § 9 WBVG.
Aufgrund einer Entgelterhöhungsankündigung, die den Assistenznehmern vier Wochen vor Inkrafttreten der beabsichtigten Erhöhung zugehen muss, sind allerdings die erhöhten Entgelte nicht automatisch vereinbart. Hierfür ist ein Nachtrag zum Wohn- und Betreuungsvertrag zwischen den Vertragsparteien zu schließen oder die Assistenznehmer haben eine Zustimmungserklärung bezüglich der erhöhten Entgelte zu unterschreiben. Notfalls muss der Behindertenhilfeträger die Zustimmung zur Entgelterhöhung gegenüber Assistenznehmern einklagen, die die Zustimmung verweigern. Nur so sind die erhöhten Entgelte wirksam vereinbart.
Neues aus der Gesetzgebung
Änderungen bei den ambulanten Pflegeleistungen
Zum Januar 2025 erhöhen sich die ambulanten Pflegeleistungen - wie bereits im Vorjahr - um rund 4,5%.
|
Pflegegrad 2 |
Pflegegrad 3 |
Pflegegrad 4 |
Pflegegrad 5 |
Pflegegeld |
347,- € |
599,- € |
800,- € |
990,- € |
Pflegesachleistungen |
796,- € |
1.497,- € |
1.859,- € |
2.299,- € |
Ferner steigt der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI von 125,- € auf 131,- € monatlich. Der Jahresbetrag für Verhinderungspflege steigt auf 1.685,- €, der Jahresbetrag für Kurzzeitpflege auf 1.854,- €.
Weitere Informationen über uns finden Sie auf www.vandrey-hoofe.de
Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und ein glückliches, gesundes und erfolgreiches Jahr 2025!
Klicken Sie hier, wenn Sie den Newsletter Behindertenhilfe abbestellen möchten.