Neues aus der Rechtsprechung
Die Minderung des Heimentgelts wegen mangelhafter Leistung ist nur
durch ein explizites Kürzungsverlangen rückwirkend für sechs Monate
möglich
(Urteil des OLG Frankfurt vom 20.10.2013, 1 U 153/12)
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hatte darüber
zu entscheiden, ob der Kläger eine Minderung des Heimentgelts nach dem
Tod seiner Schwiegermutter mit der Begründung geltend machen kann, dass
diese aufgrund von Personalmangel Hunger gelitten und Magenschmerzen
bekommen hatte. Darüber hinaus versuchte er aufgrund der
Vernachlässigung, Schmerzensgeldansprüche gelten zu machen.
Das Pflegeheim hatte den Schwiegersohn nach dem Tod
seiner Schwiegermutter auf Zahlung der zurückgehaltenen Heimpflegekosten
verklagt. Der Beklagte wandte dagegen ein, dass seine Schwiegermutter
nicht wie vereinbart betreut worden sei, indem die Versorgung mit Essen
teilweise unterlassen worden sei. Vorab hatten seine Frau und er bereits
mehrfach gegenüber dem Kläger die unzureichende Pflege bemängelt und
die Zahlungen zurückbehalten, bis eine hinreichende Pflege wieder
gewährleistet wäre.
Das LG Frankfurt hatte den Beklagten dennoch zur
Zahlung der ausstehenden Heimpflegekosten verurteilt. Diesem Ergebnis
folgte auch die Berufungsinstanz. Das OLG begründete seine Entscheidung
damit, dass der Beklagte und seine Frau gegenüber dem Pflegeheim nicht
ausdrücklich die Minderung des Heimentgelts erklärt hätten. Die Angabe,
dass die Zahlungen zunächst zurückbehalten würden, reiche laut OLG nicht
aus. Stattdessen entstehe anders als im Mietrecht der Kürzungsanspruch
nicht automatisch kraft Gesetzes, sondern erst durch die explizite
Erklärung, dass eine Kürzung unter Angabe der Gründe erfolgt. Durch die
Erklärung könnten auch nur zukünftige Ansprüche sowie rückwirkende
Ansprüche für die letzten sechs Monate geltend gemacht werden. Selbst
wenn die Gründe bereits länger als sechs Monate vorlägen, seien alle
älteren Ansprüche verfristet und könnten nicht durchgesetzt werden.
Auch die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit
etwaigen Schmerzensgeldansprüchen aufgrund mangelhafter Pflege konnte
laut Gericht nicht berücksichtigt werden, da nur die Ehefrau des
Beklagten als Erbin der Verstorbenen diese Ansprüche hätte geltend
machen können.
Anmerkung:
Die Erben verstorbener Heimbewohner haben das Recht,
etwaige Schmerzensgeldansprüche auch nach dem Tod der pflegebedürftigen
Person gegenüber dem Pflegeheim geltend zu machen, insofern sich die
Obhutspflichtverletzung vor Gericht beweisen lässt.
(Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12.06.2014, C-118/13)
Der
Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte darüber zu entscheiden, ob der
Urlaubsabgeltungsanspruch eines verstorbenen Arbeitnehmers von seiner
Ehefrau als Erbin gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden
kann.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ging bisher in
ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Erben eines verstorbenen
Arbeitnehmers keinen Anspruch auf Abgeltung nicht gewährten Urlaubs
gegenüber dem Arbeitgeber haben. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm
hielt diese Rechtsprechung des BAG für einen Verstoß gegen geltendes
Europarecht. Es legte daher die zu entscheidende Rechtsfrage dem EuGH
zur sog. Vorabentscheidung vor.
Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass die
Rechtsprechung des BAG gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88 EG verstößt
und damit europarechtswidrig ist. Hiernach steht jedem Arbeitnehmer
bezahlter Jahresurlaub von mindestens vier Wochen zu. Aus Sicht des
Gerichts hat ein Arbeitnehmer, der diesen Mindesturlaub nicht nehmen
kann, einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich bei Beendigung des
Arbeitsverhältnisses. Nach Auffassung des EuGH kommt es für diesen
Urlaubsabgeltungsanspruch nicht darauf an, auf welche Art und Weise das
Arbeitsverhältnis beendet worden ist. Auch der Tod eines Arbeitnehmers
beendet das Arbeitsverhältnis, sodass seine Erben Anspruch auf
Auszahlung der noch offenen Urlaubsabgeltung eines ggf. nicht genommenen
Resturlaubsanspruches haben.
Hinweis:
Die Entscheidung bezieht sich
bisher lediglich auf den nach dem Bundesurlaubsgesetz zu gewährenden
Mindesturlaub. Steht dem verstorbenen Arbeitnehmer darüber hinaus
(tarif-)vertraglich vereinbarter Urlaub zu, so ist dieser nach
derzeitiger Rechtsprechung nicht abzugelten.
(Urteil des LArbG Berlin-Brandenburg vom 07.11.2013, 25 Sa 1077/13)
Das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg
hatte darüber zu entscheiden, ob die fristlose Kündigung einer
Hauswirtschafts- und Pflegehilfskraft wirksam war.
Der Kläger wurde von der verantwortlichen
Pflegekraft mit der Durchführung der Körperpflege eines körperlich
beeinträchtigten Pflegebedürftigen beauftragt. Bei einer vorab
angekündigten Kontrolle traf die Pflegekraft den Kläger an, als er sich
in das Pflegebad eingeschlossen hatte und buchlesend in der Badewanne
lag, die er sich mit mehreren Handtüchern ausgelegt hatte, während sich
der Pflegebedürftige auf der Toilette sitzend allein anzuziehen
versuchte. Bereits zuvor war dem Kläger eine Abmahnung angedroht worden,
als dieser dabei angetroffen worden war, wie er im Zimmer eines
Pflegebedürftigen saß, anstatt die Zimmerreinigung durchzuführen.
Die Beklagte entschied sich zur fristlosen Kündigung
und informierte die Mitarbeitervertretung (MAV) vor deren Ausspruch.
Dabei teilte sie der MAV fälschlicherweise mit, dass der Kläger 48 statt
52 Jahre alt sei. Ferner teilte sie mit, dass der Kläger kinderlos sei,
obwohl er zwei erwachsene Kinder hat. Die MAV widersprach der
fristlosen Kündigung nicht.
Das Arbeitsgericht (ArbG) Frankfurt/Oder gab dem
Kläger in erster Instanz Recht. Es stützte seine Entscheidung darauf,
dass die Kündigung aufgrund der falschen Sozialangaben gegenüber der MAV
unwirksam sei. Darüber hinaus vertrat das Gericht die Auffassung, dass
aufgrund einer fehlenden Abmahnung die fristlose Kündigung
unverhältnismäßig sei.
Die Berufung vor dem LArbG Berlin-Brandenburg hatte
Erfolg. Das Gericht entschied, dass das Fehlverhalten des Klägers eine
schwere Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten darstellt, da
es die pflegebedürftige Person erheblich entwürdigt hatte. Darüber
hinaus sei das Vertrauensverhältnis dauerhaft erschüttert, da der Kläger
sich bereits zuvor den Anweisungen der Beklagten widersetzt hatte. Das
Vertrauensverhältnis könne auch nicht durch die weniger einschneidende
Maßnahme einer Abmahnung wiederhergestellt werden, weil der Kläger durch
das Abschließen des Bades bewusst versucht hatte, der Kontrolle durch
die Pflegekraft zu entgehen. Demnach war nach Auffassung des Gerichts
nicht mit einer Besserung des Verhaltens zu rechnen.
Auch die Beteiligung der Mitarbeitervertretung sei
dem Sinn und Zweck nach erfüllt gewesen, da zumindest die
entscheidungserheblichen Richtwerte wie Altersstufe und nicht mehr
bestehende Unterhaltsverpflichtung für minderjährige Kinder bekannt
gewesen seien. Zudem sei der Mitarbeitervertretung die Kündigungsabsicht
bekannt gewesen.
Die Veröffentlichung von Mitarbeiter-Fotos
Die Rechte von Mitarbeitern bei Veröffentlichung von
Fotos durch den Arbeitgeber, auf denen sie abgebildet sind, ergeben
sich aus dem "Recht am eigenen Bild" (Art. 1, 2 Grundgesetz, § 22
Kunsturhebergesetz) und dem Datenschutzrecht.
Arbeitgeber sollten die folgenden Punkte beachten:
Mitarbeiter
müssen eine wirksame schriftliche Einwilligung in die Veröffentlichung
ihrer Bilder gegenüber dem Arbeitgeber erteilt haben. Ist eine solche
Einwilligungserklärung in den Arbeitsvertrag integriert, so muss sie
optisch besonders hervorgehoben werden (bspw. Fettdruck).
Arbeitnehmer
können in einem Arbeitsvertrag nicht zur Abgabe einer
Einwilligungserklärung in die Verwendung ihrer Fotos verpflichtet
werden.
Hat
der Arbeitgeber den Mitarbeitern ein jederzeitiges Widerrufsrecht
hinsichtlich der Einwilligung zur Veröffentlichung der Fotos eingeräumt,
so muss er bei Ausübung dieses Widerrufsrechts die veröffentlichten
Fotos des betroffenen Mitarbeiters umgehend entfernen.
Ist
eine Widerrufsmöglichkeit nicht vereinbart, so dürfte ein Widerruf nach
Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur zulässig sein, wenn ein
wichtiger Grund dafür vorliegt. Der Arbeitgeber kann entsprechende
wichtige Gründe auch gleich in der Einwilligungserklärung regeln.
Stand
dem Mitarbeiter das Recht zum Widerruf seiner erteilten Einwilligung zu
und macht er davon Gebrauch, so sollte der Arbeitgeber die verwendeten
Fotos umgehend entfernen, da er sich anderenfalls Schadensersatz- und
Schmerzensgeldforderungen des Mitarbeiters ausgesetzt sehen kann.
Sind
Mitarbeiter auf dem Bild nur sog. "Beiwerk", weil sie bspw. im
Hintergrund zu erkennen sind, ohne gezielt abgebildet worden zu sein, so
steht ihnen im Regelfall kein Recht auf Entfernung des veröffentlichten
Fotos zu (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 Kunsturhebergesetz).
Weitere Informationen finden Sie in unserer Mandanteninfo.
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