02/2017

Neues aus der Rechtsprechung

Pflegeheime haben keine eigenen Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zur Pflege gegen die Sozialämter.

(Beschluss des Bundessozialgerichts vom 22.11.2016, B 8 SO 41/16 B)

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte über die Beschwerde einer Pflegeeinrichtung über die Nichtzulassung der Revision zu entscheiden, die aus eigenem Recht die Höherstufung einer Bewohnerin von der Pflegestufe 1 und die Pflegestufe 2 gegenüber dem Sozialamt durchsetzen wollte.

Die Vorinstanzen hatten die Klage der Pflegeeinrichtung abgewiesen. Auch das BSG ließ die Revision nicht zu. Das Gericht stellt klar, dass Einrichtungen keinen eigenen Anspruch gegenüber den Sozialhilfeträgern auf Bewilligung von Hilfe zur Pflege haben, wenn die Bewohner nicht pflegeversichert sind. Das BSG verweist auf das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis, aus dem heraus nur die Bewohnerin einen Anspruch auf Durchsetzung von Leistungen einer höheren Pflegestufe hatte. Diese hatte sich aber gegen den Bewilligungsbescheid des Sozialamts nicht zur Wehr gesetzt, so dass dieser bestandskräftig geworden war.

Hinweis:

Verstirbt ein Bewohner, bevor über den Anspruch auf Sozialhilfe durch das Sozialamt bestandskräftig entschieden worden ist, so geht der Zahlungsanspruch gemäß § 19 Absatz 6 SGB XII auf die Einrichtung über. Sie kann das Antragsverfahren und erforderlichenfalls das Widerspruchs- und Klageverfahren führen (näheres siehe Newsletter Altenpflege Juni 2016).

Mit den Reformen durch das Bundesteilhabegesetz wird ab 2020 § 75 Absatz 6 neu in das SGB XII aufgenommen, der erstmal in Durchbrechung des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses den Einrichtungen einen direkten Zahlungsanspruch gegenüber den Sozialämtern gewährt, der notfalls im Klagewege vor den Sozialgerichten durchgesetzt werden kann.


Will der Arbeitgeber mit verkürzter Frist in der Probezeit kündigen, muss dies klar erkennbar aus dem Arbeitsvertrag hervorgehen.

(Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.03.2017, 6 AZR 705/15)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte darüber zu entscheiden, welche Kündigungsfrist in der Probezeit gilt, wenn die Formulierungen im Arbeitsvertrag hierzu nicht eindeutig sind.

Der Arbeitsvertragsparteien hatten einen Arbeitsvertrag geschlossen, in dem eine sechsmonatige Probezeit vereinbart war. An keiner Stelle des Vertrags wurde auf die verkürzte gesetzliche Kündigungsfrist von 14 Tagen Bezug genommen, die gemäß § 622 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in dieser Probezeit längstens für sechs Monate vereinbart werden kann. Im Arbeitsvertrag war lediglich eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende geregelt. Es war hier auch kein Zusatz in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden, wonach diese Kündigungsfrist erst nach Ablauf der Probezeit gelten sollte.

Der Arbeitgeber kündigte den Arbeitnehmer in der Probezeit mit der verkürzten Frist von 14 Tagen. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht und machte geltend, dass der Arbeitgeber ihn nur mit der im Arbeitsvertrag geregelten Frist von sechs Wochen zum Monatsende kündigen durfte.

Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht. Es folgte nicht der Auffassung des Arbeitgebers, der behauptete, die Vereinbarung einer sechsmonatigen Probezeit im Arbeitsvertrag mache zugleich deutlich, dass hierbei auch die verkürzte 14tägige Kündigungsfrist Anwendung finden solle. Das Gericht befand die Regelungen im Arbeitsvertrag hinsichtlich der Kündigung in der Probezeit für unklar. Der Arbeitnehmer konnte nicht zweifelsfrei erkennen, welche Kündigungsfrist auf ihn Anwendung fand. Diese Unklarheit geht zu Lasten des Arbeitgebers, so dass die längere Kündigungsfrist mit entsprechender Lohnzahlung zur Anwendung kommt.

Hinweis:

Vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsverträge, die er mit seinen Arbeitnehmern abschließt, sind sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Hierauf findet bei der Prüfung der einzelnen Vertragsklauseln das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 bis 310 BGB) Anwendung. Die Verwendung unklarer, widersprüchlicher oder anderweitig unzulässiger Klauseln in solchen vorformulierten Arbeitsverträgen geht immer zu Lasten des Arbeitgebers. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu in den letzten Jahren eine vielfältige Rechtsprechung entwickelt.


Neues aus der Gesetzgebung

Die Reform der Pflegeberufe kommt ab 2020.

 

Der Deutsche Bundestag beschloss am 22.06.2017 in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe. Das Gesetz wird zum 01.01.2020 in Kraft treten.

Kern der Reform ist die Einführung einer zweijährigen einheitlichen Ausbildung für alle Pflegeberufe. Danach können sich die Pflegeschüler entscheiden, ob sie diese generalistische Ausbildung im dritten Jahr fortsetzen oder ob sie in diesem letzten Ausbildungsjahr die spezielleren Ausbildungen in der Kinderkrankenpflege oder der Altenpflege wahrnehmen. Nur generalistisch ausgebildete Pflegekräfte dürfen später in allen Berufszweigen der Pflege tätig sein. Wer nach zwei Jahren die Tätigkeit abschließt, kann als Pflegeassistent tätig sein.

Begleitend zum Inkrafttreten des Gesetzes wird eine Evaluation durchgeführt werden. Nach sechs Jahren soll der Bundestag entscheiden, ob eine ausschließlich generalistische Ausbildung eingeführt werden soll oder ob es bei dem hier gewählten Modell bleiben wird.

Zum Gang des Gesetzgebungsverfahren finden Sie nähere Informationen auf den Seiten des Deutschen Bundestags.


Über unsere aktuellen Seminar- und Vortragsthemen können Sie sich auf unserer Webseite informieren.

www.vandrey-hoofe.de/veranstaltungen/

 

Fotos: © Dirk Felmeden (Bundessozialgericht), Bundesarbeitsgericht


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