Neues aus der Rechtsprechung
Im Rahmen der Kostensatzverhandlungen müssen die konkreten Personalkosten nachgewiesen werden.
(Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 08.06.2017, L 30 P 22/12 KL)
Das
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte über die Rechtmäßigkeit
eines Schiedsspruches im Rahmen von Kostensatzverhandlungen zu
entscheiden. Hier war u.a. streitig, ob die aktuellen Personalkosten von
einer Altenpflegeeinrichtung anhand von Belegen nachgewiesen werden
mussten.
Die sächsische Pflegeeinrichtung, deren Träger in
Berlin sitzt, forderte die zuständigen Kostenträger im Januar 2010 zu
Pflegesatzverhandlungen auf. Für die Beschäftigten der Einrichtung
besteht keine Tarifbindung. Die Arbeitsentgelte werden individuell
vereinbart. Aus den eingereichten Unterlagen ergaben sich u.a. die
Anzahl der durchschnittlich vorhandenen Pflegefach- und -hilfskräfte,
die durchschnittliche Belegungszahl des Vorjahres und der
prognostizierte Personalbedarf. Der Altenhilfeträger teilte ferner mit,
dass seit 2008 die Personalkosten um 2,5% und die Kosten der
Fremddienstleistungen um 3,5% gestiegen seien.
Die Kostenträger forderten die Einrichtung daraufhin
auf, u.a. weitere Angaben zum Stellenumfang, zur Eingruppierung und
Alterstruktur, zur Tarifbindung und den Bruttopersonalkosten zu machen.
Die Einrichtung reichte eine Tabelle ein, die keine Angaben zu den
bisherigen Personalkosten enthielt. Auf nochmalige Nachfrage teilte sie
mit, zur Herausgabe weiterer Unterlagen, die einen tiefergehenden
Einblick in Betriebsinterna ermöglichten, sei sie nicht verpflichtet.
Die Einrichtung leitete im März 2010 ein
Schiedsstellenverfahren ein. Auch auf die Aufforderung des
Schiedsstellenvorsitzenden, die prospektiven Kostenansätze konkret
darzulegen, teilte die Einrichtung lediglich mit, dass die geforderte
Erhöhung um 3,29% sich im Rahmen normaler Preiserhöhungen bewege und
weitere Nachweise nicht gefordert werden könnten. Auch im weiteren
Verfahren machte die Einrichtung trotz wiederholter Aufforderung keine
weiteren Angaben. Daraufhin wurde nach mündlicher Verhandlung im
November 2010 der Antrag auf Erhöhung der Pflegesätze durch die
Schiedsstelle abgewiesen.
Hiergegen erhob der Altenhilfeträger Klage vor dem
Landessozialgericht. Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab.
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stellte
das LSG klar, dass ein Heimträger jedenfalls dann die konkreten
Personalkosten nachweisen muss, wenn diese Ausgaben von den
Kostenträgern bestritten werden, was vorliegend der Fall gewesen war.
Eine pauschale Kalkulation reiche regelmäßig nicht aus. Es müssen
vielmehr konkrete Belege für die Kalkulation vorgelegt werden, um deren
Plausibilität zu prüfen. Es handele sich auch entgegen der
Rechtsauffassung des Heimträgers nicht um einen wettbewerbswidrigen
Eingriff in die Rechtssphäre einer Pflegeeinrichtung, diese zur Vorlage
konkreter Nachweise zu verpflichten.
Aus Sicht des Gerichts war der Träger auch deshalb
zur Vorlage weiterer Nachweise verpflichtet, weil die geforderten
Pflegevergütungen oberhalb des unteren Drittels vergleichbarer
Pflegevergütungen in der Region lagen. Um in einem solchen Fall eine
Entgelterhöhung durchsetzen zu können, müsse der Heimträger nachweisen,
dass eine besondere Situation vorliegt, die die höheren Pflegesätze
rechtfertigt.
Anmerkung:
Die Entscheidung des LSG verdeutlicht noch einmal,
dass das durchaus berechtigte wirtschaftliche Interesse von
Pflegeeinrichtungen auf Wahrung ihrer Betriebsgeheimnisse jedenfalls in
den Kostensatzverhandlungen zurückstehen muss. Die Verhandlungspartner
verhandeln die Vergütungen nicht nur im Verhältnis zueinander, sondern
auch für betroffene Dritte, da die Bewohner der Einrichtungen und ggf.
die zuständigen Sozialhilfeträger zur teilweisen Entrichtung der
Vergütungen verpflichtet sind. Hierdurch erwächst den Einrichtungen eine
erhöhte Pflicht zum Nachweis ihrer Kosten.
(Urteil des LG Dortmund vom 11.01.2017, 7 O 274/15)
Das Landgericht Dortmund hatte darüber zu
entscheiden, ob eine Vorsorgebevollmächtigte die offenen Heimkosten
ihrer mittlerweile verstorbenen Mutter als Schadensersatz gegenüber dem
Heim auszugleichen hatte.
Im März 2012 schlossen das Pflegeheim und die
Bewohnerin vertreten durch ihre Tochter als Vorsorgebevollmächtigte
einen Heimvertrag ab. Im Rahmen dieses Vertragsabschlusses machte das
Heim deutlich, dass der Vertrag nur abgeschlossen wird, wenn die
Vorsorgebevollmächtige zusichert, dass der monatliche Eigenanteil an den
Heimkosten und die Telefonkosten aus den Rentenzahlungen der Mutter an
das Heim beglichen werden. Die Pflegeeinrichtung wies explizit darauf
hin, dass es ihr entscheidend darauf ankam, dass die
Vorsorgebevollmächtigte dafür Sorge trägt, dass der monatliche
Heimkostenanteil vom Konto ihrer Mutter an das Heim weitergeleitet wird.
Die Vorsorgebevollmächtigte sicherte dies ausdrücklich zu.
Bis zum Versterben der Mutter im März 2015 überwies
die Vorsorgebevollmächtigte zu keinem Zeitpunkt den Eigenanteil an das
Heim, sondern verbrauchte das Geld für sich selbst. Die Einrichtung
forderte sie wiederholt zur Zahlung auf und schaltete dann einen
Rechtsanwalt ein. Es waren offene Heimkosten, Rechtsanwaltsgebühren und
Mahnverfahrenskosten in Höhe von insgesamt 11.330,69 € über die Jahre
aufgelaufen.
Das Pflegeheim forderte die offene Gesamtsumme als
Schadensersatz von der Tochter und erhob Klage vor dem Landgericht. Das
Gericht gab der Klage vollumfänglich statt. Aus seiner Sicht hatte die
Tochter als Vorsorgebevollmächtigte bei Abschluss des Heimvertrags eine
Zusicherung über die Weiterleitung der Gelder an das Heim abgegeben.
Zwar sei sie selbst nicht Vertragspartnerin des Heimvertrags, aber die
Haftung ergebe sich daraus, dass zwischen dem Heim und der Tochter ein
eigenes Schuldverhältnis nach § 311 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch
(BGB) entstanden sei, weil die Tochter mit der Zusicherung der
Weiterleitung der Rente der Mutter an das Heim in besonderem Maße
Vertrauen in Anspruch genommen habe und nur dadurch das Zustandekommen
des Heimvertrags bewirkt habe.
Anmerkung:
Grundsätzlich haftet der gesetzliche Betreuer oder
der Vorsorgebevollmächtigte nur gegenüber dem Betreuten bzw. gegenüber
dem Vollmachtgeber. Dies führt immer wieder zu der ärgerlichen
Situation, dass die Heime den Betreuten bzw. Vollmachtgeber nicht oder
nicht mehr in Anspruch nehmen können und zugleich keinen direkten
Schadensersatzanspruch gegenüber dem gesetzlichen Betreuer bzw.
Vorsorgebevollmächtigten geltend machen können, obwohl letztlich durch
dessen Handeln oder Unterlassen ein Schaden entstanden ist.
Das Landgericht Dortmund hat nun einen Weg
aufgezeigt, wie in bestimmten Fällen die Geltendmachung von
Schadensersatz gegenüber dem gesetzlichen Betreuer oder
Vorsorgebevollmächtigten doch möglich sein kann. Nimmt dieser
nachweislich bei Abschluss des Heimvertrags besonderes Vertrauen in
Anspruch, indem er ein bestimmtes Handeln zusichert, so haftet er direkt
gegenüber dem Pflegeheim, wenn er später nicht so handelt, wie er es
zugesichert hatte und dem Heim dadurch ein Schaden entstanden ist.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass das Heim
nicht nur ein bestimmtes Handeln verlangt, sondern dass es auch sehr
deutlich macht, dass der Heimvertrag nur zustande kommt, weil der
gesetzliche Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ein bestimmtes Handeln
zugesichert hatte. Das kann wie vorliegend die Weiterleitung der Rente
der Bewohnerin sein, das kann aber beispielsweise auch sein, sämtliche
erforderliche Anträge an die Pflegekasse und das Sozialamt zu stellen
(vgl. AG Recklinghausen, Urteil vom 23.09.2014, 11 C 137/14). Im
Streitfall muss das Heim beweisen können, dass es den Vertragsschluss
von der Zusicherung abhängig gemacht hat. Es muss also in der Lage dazu
sein, Zeugen zu benennen, die den entsprechenden Gesprächsverlauf
bestätigen können oder etwas Schriftliches vorzulegen, aus dem sich die
Zusicherung ergibt.
Bitte beachten Sie das Auslaufen erster Übergangsfristen der Wohnteilhabe-Bauverordnung zum 31.12.2018.
Pflegeheime, Kurzzeitpflegeeinrichtungen und
Einrichtungen der Tagespflege fallen gemäß § 3 Absatz 2
Wohnteilhabegesetz Berlin in Verbindung mit § 1
Wohnteilhabe-Bauverordnung (WTG-BauV) in deren Anwendungsbereich. § 21
WTG-BauV regelt u.a. bestimmte Übergangsfristen zur Vornahme baulicher
Veränderungen durch Bestandseinrichtungen.
Gemäß § 21 Absatz 3 und Absatz 6 WTG-BauV läuft für
bestimmte bauliche Veränderungen eine erste Übergangsfrist zum
31.12.2018 aus. Beispielhaft (keine vollständige Aufzählung) seien hier
genannt:
- Bei Benutzung eines Doppelzimmers durch zwei
Personen muss ab Januar 2019 sichergestellt sein, dass in
Krisensituationen zusätzlich Zimmer zur vorübergehenden Nutzung zur
Verfügung stehen (§ 4 Abs. 2 Satz 3 WTG-BauV).
- Räume und
Verkehrsflächen, die von Bewohnerinnen und Bewohnern genutzt werden,
müssen zu jeder Tageszeit ausreichend, gleichmäßig und blendfrei zu
beleuchten sein. Bei Verkehrsflächen darf die Beleuchtung durch
Bewohnerinnen und Bewohner nicht ausgeschaltet werden können. In
Bewohnerzimmern muss die Raumbeleuchtung von jedem Bett aus geregelt
werden können. An jedem Bett muss ein Anschluss für eine Leselampe
vorhanden sein. Für die nächtliche Pflege und Betreuung muss eine nicht
störende Nachtbeleuchtung angeschaltet werden können (§ 14 WTG-BauV).
- In
Gebäudeteilen, die von Bewohnerinnen und Bewohnern genutzt werden, ist
ganzjährig eine den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner
angepasste Temperatur sicherzustellen. Für Bewohnerzimmer,
gemeinschaftliche Wohn- und Aufenthaltsflächen sowie Therapieräume muss
ein wirksamer Sonnenschutz verfügbar sein (§ 15 WTG-BauV).
Es
könnten teilweise erhebliche bauliche Veränderungen erforderlich sein,
so dass den Einrichtungen, die sich bisher noch nicht mit den
Anforderungen der WTG-Bauverordnung befasst haben, dringend anzuraten
ist, sich bereits am Jahresanfang 2018 mit sämtlichen Anforderungen zu
beschäftigen und die ggf. erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.