02/2018

Neues aus der Rechtsprechung

Die Erbeinsetzung der Mitarbeiterin eines Pflegedienstes ist unwirksam.

(Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 12.01.2018, 6 W 13/17)

Das Kammergericht Berlin hatte in einer Nachlassangelegenheit u.a. darüber zu entscheiden, ob ein Testament zugunsten einer Mitarbeiterin eines Pflegedienstes wirksam war.

Die zwischenzeitlich verstorbene Bewohnerin einer Pflege-WG hatte kurz nach ihrem Umzug dorthin eine Mitarbeiterin des Pflegedienstes zur Alleinerbin eingesetzt. Diese Mitarbeiterin war zunächst Eigentümerin des Pflegedienstes, hatte den Pflegedienst dann aber an ihre Tochter und ihren Schwiegersohn übergeben und war dort noch als Angestellte in leitender Funktion beschäftigt. Die Erblasserin zog im Oktober 2010 in die Wohngemeinschaft ein. Im Dezember 2010 setzte sie mit einem handschriftlichen Testament die Mitarbeiterin zur Alleinerbin ein. Im Januar 2011 errichtete sie nochmals ein notarielles Testament desselben Inhalts. Mit diesen Testamenten enterbte sie zugleich zwei zunächst begünstigte ehemalige Nachbarn.

Das Kammergericht kam zu dem Ergebnis, dass das Testament aus dem Dezember 2010 gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig ist, da es gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Nach § 12 Absatz 2 Wohnteilhabegesetz Berlin (WTG Berlin) dürfen sich die Leitung und die zur Leistungserbringung sonst eingesetzten Personen von den Bewohner*innen kein Geld oder geldwerte Leistungen für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten versprechen oder gewähren lassen. Eine solche Zuwendung kann auch mittels einer letztwilligen Verfügung in einem Testament erfolgen.

Es muss ein Zusammenhang der Zuwendung mit den Leistungen bestehen, die die in der Einrichtung tätigen Personen zu erbringen haben. Aus Sicht des Gerichts ist es hierfür aber bereits ausreichend, dass die Zuwendung an die Mitarbeiterin aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses erfolgte, das durch die Pflege und Betreuung entstanden war. Ein solcher Zusammenhang wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.

Auch das notarielle Testament aus dem Januar 2011 war somit nichtig. Hier kam das Gericht darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Erblasserin jedenfalls zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer dementiellen Erkrankung nicht mehr geschäftsfähig und damit auch nicht mehr testierfähig war.

Hinweis:

Leitung und Mitarbeitende unterliegen in ambulanten Wohnformen und im stationären Bereich gleichermaßen dem Zuwendungsverbot des § 12 Abs. 2 WTG Berlin bzw. entsprechender landesheimrechtlicher Regelungen der anderen Bundesländer. Anders liegt der Fall allerdings dann, wenn die begünstigte Person oder Einrichtung von dem Testament zu Lebzeiten des Erblassers keine Kenntnis hatte. Dann ist das Testament immer wirksam.


Der Einsatz von einer Pflege(fach)kraft auf 50 Bewohner*innen im Nachtdienst reicht keinesfalls aus.

(Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 22.11.2017, 5 L 294/17)

Das Verwaltungsgericht Cottbus hatte im einstweiligen Rechtsschutz zu klären, ob eine Pflegeeinrichtung einstweilen bis zur Entscheidung im Klageverfahren Auskünfte gegenüber der Aufsicht für unterstützende Wohnformen (Heimaufsicht) des Landes Brandenburg verweigern durfte.

Die Heimaufsicht hatte im Januar 2019 an zwei Tagen die Einrichtung besucht und dabei diverse Mängel festgestellt. U.a. wurde festgestellt, dass nachts für 50 bis 60 Bewohner*innen, hiervon rund 20 Personen mit den Pflegegraden 4 und 5, lediglich eine Pflegekraft über mehrere Stockwerke im Einsatz war. Auch tagsüber war die Einrichtung deutlich unterbesetzt. Die Heimaufsicht beobachtete an einem Tag, dass mehrere Bewohner*innen um Unterstützung riefen, die PEG-Sonden piepten und das Essen unverteilt im Flur stehen blieb. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass einige Doppelzimmer deutlich zu geringe Quadratmeterzahlen aufwiesen.

Das Verwaltungsgericht Cottbus kam zu dem Ergebnis, dass die Besetzung der Einrichtung mit nur einer Pflegekraft im Nachtdienst einen evidenten Mangel im Sinne des § 21 Absatz 1 Brandenburgisches Pflege- und Betreuungswohngesetz (BbgPBWoG) darstellt. Ferner kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Pflege- und Betreuungsintensität in Verbindung mit einer fachgerechten Pflege von Menschen mit Demenz nicht ausreicht und dass bestimmte Aufgaben in der Einrichtung nur von Fachkräften wahrzunehmen sind. Auch die zu geringe Größe einiger Doppelzimmer wertete das Gericht als Mangel.

Teilweise bestritt die Pflegeeinrichtung die Mängel, teilweise blieben diese aber auch unbestritten. Das Gericht war der Auffassung, dass die Einrichtung jedenfalls hinsichtlich der unbestrittenen Mängel dem Auskunftsersuchen der Heimaufsicht im Rahmen des § 22 Absatz 1 BbgPBWoG nachzukommen hat. Zugleich stellte das Gericht fest, dass hinsichtlich bestrittener Mängel kein Auskunftsverlangen geltend gemacht werden kann, da es in diesem Fall keinen Sinn macht, weil das Auskunftsverlangen mangels Einsichtsbereitschaft der Pflegeeinrichtung, dass Mängel vorliegen, ins Leere gehen würde und eine Beratung durch die Heimaufsicht nach § 22 Absatz 1 BbgPBWoG dadurch nicht möglich wäre.

Hinweis:

Das Gericht hat klar gestellt, dass zu geringer Personaleinsatz auch in Zeiten des Fachkräftemangels heimrechtlich einen Mangel darstellt, den die Heimaufsicht sanktionieren kann. Zur Vermeidung drastischerer Maßnahmen der Heimaufsicht nach §§ 23 ff. BbgPBWoG bzw. vergleichbarer landesheimrechtlicher Regelungen in anderen Bundesländern erscheint es angeraten, im Rahmen der Beratungsverpflichtung der Heimaufsicht erbetene Auskünfte zu erteilen.


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