Neues aus der Rechtsprechung
Gestaltung von Klauseln zur Zahlungspflicht in Wohn- und Betreuungsverträgen.
(BGH, Urteil vom 07.02.2019, III ZR 38/18)
Der
Bundesgerichtshof (BGH) hatte darüber zu entscheiden, ob die
Formulierung von Klauseln im Wohn- und Betreuungsvertrag zur
Zahlungsverpflichtung der Gäste einer Kurzzeitpflegeeinrichtung im
Rahmen der AGB-Kontrolle gegen das Transparenzgebot verstieß.
Ein Kurzzeitpflegegast verweigerte nach Beendigung
der Kurzzeitpflege die Zahlung seines Eigenanteils i.H.v. 690,46 €, da
aus seiner Sicht die Zahlungsverpflichtung nicht wirksam im Wohn- und
Betreuungsvertrag vereinbart worden war. Daraufhin erhob die
Pflegeeinrichtung Zahlungsklage. Das Amtsgericht gab der Klage statt,
das Landgericht hingegen wies die Klage ab, da die einschlägigen
Klauseln nicht der AGB-Kontrolle standhalten würden. Der BGH hob das
Urteil auf und sprach der Pflegeeinrichtung die Vergütung zu.
Die Wohn- und Betreuungsverträge stellen Allgemeine
Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne der §§ 305 ff. des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) dar, da die Pflegeeinrichtungen als Verwender dieser
Verträge deren Inhalte den Kunden vorgeben. Gemäß § 307 Absatz 1 Satz 2
BGB müssen solche Klauseln klar und verständlich formuliert sein. Die
klagende Kurzzeitpflegeeinrichtung hatte hinsichtlich der
Zahlungsverpflichtung der Gäste im Wesentlichen die Inhalte der
Regelungen des WBVG und der §§ 82 ff. SGB XI wiedergegeben.
Der BGH kam unter Anwendung der Kriterien der
Transparenzkontrolle zu dem Ergebnis, dass die von der Pflegeeinrichtung
verwendeten Klauseln in ausreichendem Maße transparent sind. Da sie
inhaltlich, terminologisch und systematisch den Regelungen des WBVG und
des SGB XI folgen, seien sie schon deshalb hinreichen bestimmt. Diese
aus Sicht des Gerichts durchaus komplexe Gesetzeslage könne bei einer zu
erwartenden sorgfältigen Durchsicht durch den Kurzzeitpflegegast
zutreffend nachvollzogen werden, auch wenn er rechtlich nicht
vorgebildet sei.
Anmerkung:
Das Urteil des BGH verdeutlicht, dass es durchaus
angeraten ist, sich bei der Gestaltung von Wohn- und Betreuungsverträgen
hinsichtlich der Vergütungsregelungen - auch sprachlich - nahe an den
gesetzlichen Grundlagen des WBVG und des SGB XI zu halten. Zwar sind
entsprechend gestaltete Regelungen in den Verträgen keine "leicht
verständliche" Sprache, bieten aber Rechtssicherheit bei der Gestaltung
der Wohn- und Betreuungsverträge, wie das vorstehende Urteil bestätigt.
(Beschluss des AG Brandenburg/Havel vom 05.03.2019, 82 XVII 28/19)
Das Amtsgericht Brandenburg/Havel hatte darüber zu
befinden, ob das Anbringen eines Sicherheits-Chips (bzw. Funkortungs-
oder GPS-Chips) an der Kleidung bzw. im Schuh eines demenzkranken
Betroffenen eine freiheitsentziehende Maßnahme darstellt.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Nutzung
eines Sicherheits-Chips grundsätzlich keine freiheitsentziehende
Maßnahme i.S.d § 1906 Abs. 4 BGB darstellt. Hiervon umfasst seien u.a.
diejenigen Freiheitsbeschränkungen, die ergriffen werden, um den
Betroffenen in seiner willentlichen Bewegungsfreiheit auf einen eng
begrenzten Raum zu beschränken. Aus Sicht des Amtsgerichts handelt es
sich bei dem Sicherheits-Chip als Personenortungsanlage dann nicht um
eine freiheitsentziehende Maßnahme, wenn sie lediglich ermöglichen soll
festzustellen, ob der Betroffene infolge seiner krankheitsbedingten
Weglauftendenz das Gebäude bzw. das Gelände verlassen will und sich
dadurch ggf. in erhebliche Gesundheitsgefahren bringt.
Als unterbringungsähnliche Maßnahme nach § 1906 BGB
genehmigungsbedürftig ist aus Sicht des Gerichts nur die Anbringung
eines Sicherheits-Chips an der Kleidung bzw. im Schuh des Betroffenen,
wenn dieser Chip zugleich verhindern würde, dass der Betroffene die
Aus-/Eingangstür öffnen und die Einrichtung verlassen kann. Im zu
entscheidenden Fall war dies aber gerade nicht der Fall.
Anmerkung:
In der Rechtsprechung setzt sich mehr und mehr die
Ansicht durch, dass allein die Nutzung eines Ortungs-Chips bei
Betroffenen keine freiheitsentziehende Maßnahme darstellt. Erst wenn
dieser Chip mit weitergehenden technischen Funktionen ausgestattet ist,
die das Verlassen des Wohnbereichs oder Gebäudes unmöglich machen, soll
eine freiheitsentziehende Maßnahme vorliegen. Der Bundesgerichtshof
hatte hierzu entschieden, dass dann sogar eine freiheitsentziehende
Unterbringung vorliegt (vgl. Newsletter Altenpflege 03/2017).
Anforderungen
nach Datenschutz-Grundverordnung und Verbraucherstreitbeilegungsgesetz
sind in den Wohn- und Betreuungsvertrag einzuarbeiten.
Im Rahmen der Überarbeitung von Wohn- und
Betreuungsverträgen fällt immer wieder auf, dass viele
Pflegeeinrichtungen die bereits in den vergangenen Jahren erforderlich
gewordenen Anpassungen der Wohn- und Betreuungsverträge noch nicht
vorgenommen haben. Insbesondere wurden häufig die Datenschutzregelungen
noch nicht an die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und das neue
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) oder die kirchlichen Datenschutzgesetze
angepasst. Ferner fehlt häufig der Hinweis nach § 36
Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in den Verträgen. Bei vielen älteren
Verträgen ist es darüber hinaus angeraten, die zivilgerichtliche
Rechtsprechung der vergangenen Jahre zur Unzulässigkeit einzelner
Klauseln in den Wohn- und Betreuungsverträgen umzusetzen.
Die DS-GVO und das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz
bringen darüber hinaus Verpflichtungen zur Anpassung der Webseiten mit
sich, die zeitnah umgesetzt werden sollten, soweit dies noch nicht
erfolgt ist. In diesem Zusammenhang wird auf einen Beschluss des
Landgerichts Würzburg vom 13.09.2018 (Az. 11 O 1741/18 UWG) verwiesen,
wonach eine Datenschutzerklärung, die nicht den Anforderungen der DS-GVO
entspricht, sowie die Nutzung eines Kontaktformulars auf einer
unverschlüsselten Internetseite Wettbewerbsverstöße darstellen, die
abgemahnt werden können. Erfreulicherweise gibt es zwischenzeitlich
weitere Rechtsprechung, die einen entsprechenden Wettbewerbsverstoß
verneint. Derzeit ist die Rechtsprechung hierzu aber noch sehr
uneinheitlich.