Neues aus der Rechtsprechung
Schutzpflichten von Heimen gegenüber ihren Bewohnern.
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.08.2019, III ZR 113/18)
Der
Bundesgerichtshof (BGH) hatte darüber zu entscheiden, inwieweit den
Betreiber einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung
Schutzpflichten im Zusammenhang mit dem Baden treffen.
Die Bewohnerin der beklagten Einrichtung bat die
Betreuungskraft baden zu dürfen, was diese gestattete. In den
vergangenen Jahren hatte die Bewohnerin dies immer ohne Probleme
selbständig bewältigt. Die Mischbatterie, an der sie sich heißes Wasser
in eine Sitzbadewanne in einer Dusche einließ, war nicht mit besonderen
Sicherheitsvorkehrungen hinsichtlich eines Verbrühungsschutzes versehen.
Die Bewohnerin ließ unbeaufsichtigt derart heißes Wasser ein, dass sie
sich Verbrennungen II. und III. Grades an den Füßen und den
Unterschenkeln zuzog. Sie benötigte Hauttransplantationen. Es kam zu
erheblichen Komplikationen, die dazu führten, dass sie heute auf den
Rollstuhl angewiesen ist.
Die Bewohnerin machte ein Schmerzensgeld von
50.000,- € und eine monatliche Rentenzahlung von 300,- € gegen den
Einrichtungsträger geltend. Das zuständige Landgericht und
Oberlandesgericht wiesen die Klage gegen den Heimträger zunächst ab. Der
BGH hob diese Entscheidung auf und verwies die Sache zurück ans
Oberlandesgericht.
Der BGH
führt aus, dass durch den Heimvertrag Obhutspflichten der Einrichtung
gemäß § 241 Abs. 2 BGB zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der
ihr anvertrauten Bewohnerin begründet werden. Ebenso bestehe eine
allgemeine Verkehrssicherungspflicht zum Schutz der Bewohner vor
Schädigungen, die ihnen bspw. wegen Krankheit u.a. durch das Inventar
und die bauliche Gestaltung des Heims drohen. Diese Pflichten seien
jedoch auf die in vergleichbaren Heimen üblichen (gebotenen) Maßnahmen
begrenzt, die mit einem vernünftigen finanziellen und personellen
Aufwand realisierbar sind. Maßstab sei das Erforderliche und das für die
Bewohner und das Pflegepersonal Zumutbare.
Aus Sicht des BGH sollen diese Erwägungen auch für
die Bestimmung der Obhuts- und Verkehrssicherungspflichten eines
Heimträgers gelten, soweit in DIN-Normen enthaltene technische
Regelungen bestimmte als regelungsbedürftig erkannte Gefahrenlagen
beschreiben. Bewohner, die dem Heim zum Schutz ihrer körperlichen
Unversehrtheit anvertraut sind, könnten erwarten, dass das Heim sie vor
einer Gefahrenlage schütze, soweit sie selbst auf Grund körperlicher
oder geistiger Einschränkungen nicht in der Lage seien, die Gefahr zu
erkennen und angemessen auf sie zu reagieren. Um die daraus folgende
Obhutspflicht zu erfüllen, muss das Heim, soweit dies mit einem
vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand möglich und für die
Bewohner sowie das Pflegepersonal zumutbar ist, nach seinem Ermessen
entweder die Empfehlungen der DIN-Norm umsetzen oder aber die
erforderliche Sicherheit gegenüber der dieser Norm zugrunde liegenden
Gefahr auf andere Weise gewährleisten, um Schäden der Bewohner zu
vermeiden.
Nach Auffassung des Gerichts ist im vorliegenden
Fall die DIN-Norm DIN EN 806-2 einschlägig. Der DIN-Norm ist über ihren
unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus allgemeingültig zu entnehmen,
dass bei Warmwasseranlagen das Risiko von Verbrühungen besteht, wenn die
Auslauftemperatur mehr als 43 °C beträgt, und deshalb in Einrichtungen
mit einem besonders schutzbedürftigen Benutzerkreis (Krankenhäuser,
Schulen, Seniorenheime usw.) spezielle Sicherheitsvorkehrungen zur
Verminderung des Risikos von Verbrühungen erforderlich sind.
Aus Sicht des BGH hatte das beklagte Heim entweder
die Verpflichtung, eine Mischbatterie mit einer Temperaturbegrenzung zu
installieren oder die klagende Bewohnerin während des Badens zu
beaufsichtigen. Beides war nicht geschehen.
Anmerkung:
Es ist zu vermuten, dass die meisten
Altenpflegeheime die hier vom BGH angewandte DIN-Norm bei der
Warmwasserversorgung bereits umsetzen. Sollte dies aber im Einzelfall
nicht so sein, so ist zu raten, die erforderlichen Mischbatterien
einbauen zu lassen.
(Urteil des OLG Karlsruhe vom 18.09.2019, 7 U 21/18)
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte darüber zu
entscheiden, ob die Krankenkasse einer Bewohnerin, die bei einem
Toilettengang gestürzt war, die Behandlungskosten von der beklagten
Pflegeeinrichtung als Schadensersatz fordern konnte.
Die demente Bewohnerin war von der Pflegekraft zur
Toilette begleitet worden und war mit ihrer Hilfe auf dem Toilettensitz
sicher zum Sitzen gekommen. Nach dieser üblichen Routine verließ die
Pflegekraft zum Schutz der Intimsphäre der Bewohnerin die Toilette und
wartete vor der Tür. Es war abgesprochen, dass die Bewohnerin nicht
alleine aufsteht. Trotz Absprache hatte die Bewohnerin versucht, allein
aufzustehen und war dabei gestürzt.
Das Gericht wies die Berufung der klagenden
Krankenkasse zurück und sprach ihr keinen Anspruch auf Erstattung von
Behandlungskosten zu.
Aus Sicht des OLG Karlsruhe treffen die
Pflegeeinrichtung Obhutspflichten zum Schutz der körperlichen
Unversehrtheit der Bewohnerin, die begrenzt sind auf die in Pflegeheimen
üblichen Maßnahmen, die mit einem vernünftigen finanziellen und
personellen Aufwand realisierbar sind. Maßstab müssen das Erforderliche
und das für die Heimbewohner und das Pflegepersonal Zumutbare sein.
Dabei sei insbesondere auch zu beachten, dass beim Wohnen in einem Heim
die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner vor
Beeinträchtigungen zu schützen und die Selbständigkeit, die
Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohner zu wahren und
zu fördern sind. Angesichts der teilweise schwierigen Entscheidungen sei
dem Pflegepersonal ein Beurteilungsspielraum einzuräumen. Maßgeblich
ist aus Sicht des Gerichts, ob im konkreten Einzelfall die Entscheidung
des Pflegepersonals vertretbar war. Maßstab bei der Beurteilung der
Pflegeleistungen sei es nicht, jeden Unfall durch weitgreifende
Sicherungsmaßnahmen vermeiden. Ein allumfassender Schutz könne im
Spannungsfeld zwischen Freiheitsrecht einerseits und dem Recht auf
körperliche Unversehrtheit andererseits nicht gewährt werden.
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die gestürzte
Bewohnerin trotz ihrer Demenz noch in der Lage war, sich an Absprachen
zu halten, sodass die Pflegekraft darauf vertrauen durfte, dass sie
nicht allein von der Toilette aufzustehen versucht. Bei der Abwägung
zwischen Sicherungsbedürfnis und Intimsphäre bestünden aufgrund der
Demenzerkrankung keine Besonderheiten, da auch fortgeschritten
Demenzkranke regelmäßig noch Scham empfinden würden und dies unter
Umständen nur nicht mehr ausdrücken könnten.
Elternunterhalt in der bisher bekannten Form fällt zum Jahreswechsel weg.
Ab 01.01.2020 tritt § 94 Absatz 1a SGB XII in Kraft,
der regelt, dass Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten
gegenüber ihren Kindern und Eltern bei der Gewährung von Sozialhilfe
nicht zu berücksichtigen sind, es sei denn, deren jährliches
Gesamteinkommen beträgt jeweils mehr als 100.000,- €. Zum
Gesamteinkommen der unterhaltsverpflichteten Person zählen sämtliche zu
versteuernden Einnahmen. Das Vermögen der Betroffenen bleibt zukünftig
bei der Ermittlung eventueller Unterhaltsansprüche unberücksichtigt.
Es besteht zunächst immer die (widerlegbare)
Vermutung, dass das Einkommen der unterhaltspflichtigen Personen die
Jahreseinkommensgrenze von 100.000,- € nicht übersteigt. Es können
zunächst nur von den Leistungsberechtigten Angaben allgemeiner Art
verlangt werden, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der
Unterhaltspflichtigen zulassen. Nur wenn im Einzelfall hinreichende
Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze bei dem
unterhaltspflichtigen Kind oder Elternteil vorliegen, ist dieses
verpflichtet, gegenüber dem Sozialamt seine Einkommensverhältnisse
konkret offen zu legen.
Mindestlohn in der Pflege steigt zum 01.01.2020.
Der Mindestlohn in der Altenpflege steigt ab Januar
2020 um 0,30 € pro Stunde. Er liegt dann in den alten Bundesländern bei
11,35 € und in den neuen Bundesländern bei 10,85 € pro Stunde. Diese
Regelung gilt bis 30.04.2019. Danach soll eine Neuregelung in Kraft
treten, die von der Pflegemindestlohnkommission derzeit noch erarbeitet
wird.
Mindestvergütung für Auszubildende ab 01.01.2020.
In § 17 Berufsbildungsgesetz wird ein neu gefasster
Absatz 2 eingefügt, der die Arbeitgeber dazu verpflichtet, den
Auszubildenden ab 2020 eine Mindestvergütung zu zahlen.
Arbeitgeber müssen den Auszubildenden danach im
ersten Ausbildungsjahr mindestens 515,- € pro Monat zahlen. 2021 steigt
dieser Betrag auf 550,- €, 2022 auf 585,- € und 2023 auf 620,- €. Ab
2024 wird der Steigerungsbetrag fortgeschrieben.
Im zweiten Ausbildungsjahr erhöht sich die Mindestvergütung um 18%, im dritten Ausbildungsjahr um 35% und im vierten um 40%.
Foto: © Joe Miletzki (Bundesgerichtshof)