Neues aus der Rechtsprechung
Eine Einrichtung muss den Sozialhilfeträger auf Zahlung von
Heimentgelten vor den Zivilgerichten verklagen. Ebenso muss der
Sozialhilfeträger einen Rückforderungsanspruch zu viel gezahlter
Heimentgelte gegen eine Einrichtung vor den Zivilgerichten einklagen.
(Beschluss des Bundessozialgerichts vom 18.03.2014, B 8 SF 2/13 R)
Ein
Berliner Sozialhilfeträger hatte gegen eine Einrichtung auf Erstattung
von 5.740,36 € überzahlter Heimentgelte vor dem Sozialgericht Berlin
geklagt. Das Sozialgericht Berlin erklärte sich für unzuständig und
verwies die Angelegenheit an das Amtsgericht Pankow/Weißensee. Gegen den
Verweisungsbeschluss legte der Kläger Beschwerde vor dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ein. Das LSG erklärte daraufhin
für die Streitigkeit den Rechtsweg zu den Sozialgerichten als zulässig.
Gegen diese Entscheidung legte wiederum die beklagte Einrichtung
Beschwerde vor dem Bundessozialgericht (BSG) ein.
Das BSG kam zu dem Ergebnis, dass für die
vorliegende Entgeltstreitigkeit der Weg zu den Zivilgerichten eröffnet
ist und verwies das Verfahren an das aus seiner Sicht zuständige
Amtsgericht Pinneberg.
Das Gericht geht davon aus, dass es sich bei der
zugrundeliegenden Entgeltstreitigkeit nicht um eine
öffentlich-rechtliche Streitigkeit der Sozialhilfe handelt, sondern um
eine zivilrechtliche Streitigkeit auf Rückzahlung überzahlter Vergütung
im Rahmen des sog. sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses. Zwischen dem
klagenden Sozialhilfeträger und der beklagten Einrichtung bestehe ein
sog. Leistungsverschaffungsverhältnis, da der Sozialhilfeträger der
Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers beitrete, mit dem die
Einrichtung einen privatrechtlichen Heimvertrag geschlossen hatte. Nach
Auffassung des BSG löst dieser Schuldbeitritt einen unmittelbaren
Zahlungsanspruch der Einrichtung gegenüber dem Sozialhilfeträger aus.
Zugleich geht das Gericht aber davon aus, dass die Rechtsnatur des
zugrundeliegenden Anspruches nicht von einem zivilrechtlichen in einen
öffentlich-rechtlichen Anspruch durch den Schuldbeitritt umgewandelt
wird. Daher sind Streitigkeiten auf Zahlung offener Entgelte seitens
einer Einrichtung bzw. Erstattung zu viel gezahlter Entgelte seitens
eines Sozialhilfeträgers vor den Zivilgerichten durchzuführen.
Anmerkung:
Entgeltstreitigkeiten aus einem Heimvertrag zwischen
dem Sozialhilfeträger und einer Einrichtung können somit zukünftig nur
noch vor den Zivilgerichten ausgetragen werden. Der Ablauf des
Klageverfahrens vor den Zivilgerichten unterscheidet sich deutlich von
dem vor den Sozialgerichten. Dies ist in die Prüfung der
Erfolgsaussichten einer Klage mit einzubeziehen.
(Urteil des OLG Frankfurt vom 20.10.2013, 1 U 153/12)
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hatte darüber
zu entscheiden, ob der Kläger eine Minderung des Heimentgelts nach dem
Tod seiner Schwiegermutter mit der Begründung geltend machen konnte,
dass diese aufgrund von Personalmangel Hunger gelitten und
Magenschmerzen bekommen hatte. Darüber hinaus versuchte er aufgrund
einer Vernachlässigung, Schmerzensgeldansprüche gelten zu machen.
Das Pflegeheim hatte den Schwiegersohn nach dem Tod
seiner Schwiegermutter auf Zahlung der zurückgehaltenen Heimpflegekosten
verklagt. Der Beklagte wandte dagegen ein, dass seine Schwiegermutter
nicht wie vereinbart betreut worden sei, indem die Versorgung mit Essen
teilweise unterlassen worden sei. Vorab hatten seine Frau und er bereits
mehrfach gegenüber dem Kläger die unzureichende Pflege bemängelt und
die Zahlungen zurückbehalten, bis eine hinreichende Pflege wieder
gewährleistet wäre.
Das Landgericht Frankfurt hatte den Beklagten
dennoch zur Zahlung der ausstehenden Heimpflegekosten verurteilt. Diesem
Ergebnis folgte auch die Berufungsinstanz. Das OLG begründete seine
Entscheidung damit, dass der Beklagte und seine Frau gegenüber dem
Pflegeheim nicht ausdrücklich die Minderung des Heimentgelts erklärt
hätten. Die Angabe, dass die Zahlungen zunächst zurückbehalten würden,
reichte laut OLG nicht aus. Stattdessen entstehe anders als im Mietrecht
der Kürzungsanspruch nicht automatisch kraft Gesetzes, sondern erst
durch die explizite Erklärung, dass eine Kürzung unter Angabe der Gründe
erfolgt. Durch die Erklärung könnten auch nur zukünftige Ansprüche
sowie rückwirkende Ansprüche für die letzten sechs Monate geltend
gemacht werden. Selbst wenn die Gründe bereits länger als sechs Monate
vorlägen, seien alle älteren Ansprüche verfristet und könnten nicht mehr
gelten gemacht werden.
Auch die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit
etwaigen Schmerzensgeldansprüchen durch die mangelnde Pflege konnte laut
Gericht nicht berücksichtigt werden, da nur die Ehefrau des Beklagten
als Erbin der Verstorbenen diese Ansprüche hätte geltend machen
können.
(Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12.06.2014, C-118/13)
Der
Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte darüber zu entscheiden, ob der
Urlaubsabgeltungsanspruch eines verstorbenen Arbeitnehmers von seiner
Ehefrau als Erbin gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden
kann.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ging bisher in
ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Erben eines verstorbenen
Arbeitnehmers keinen Anspruch auf Abgeltung nicht gewährten Urlaubs
gegenüber dem Arbeitgeber haben. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm
hielt diese Rechtsprechung des BAG für einen Verstoß gegen geltendes
Europarecht. Es legte daher die zu entscheidende Rechtsfrage dem EuGH
zur sog. Vorabentscheidung vor.
Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass die
Rechtsprechung des BAG gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88 EG verstößt
und damit europarechtswidrig ist. Hiernach steht jedem Arbeitnehmer
bezahlter Jahresurlaub von mindestens vier Wochen zu. Aus Sicht des
Gerichts hat ein Arbeitnehmer, der diesen Mindesturlaub nicht nehmen
kann, einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich bei Beendigung des
Arbeitsverhältnisses. Nach Auffassung des EuGH kommt es für diesen
Urlaubsabgeltungsanspruch nicht darauf an, auf welche Art und Weise das
Arbeitsverhältnis beendet worden ist. Auch der Tod eines Arbeitnehmers
beendet das Arbeitsverhältnis, sodass seine Erben Anspruch auf
Auszahlung der noch offenen Urlaubsabgeltung eines ggf. nicht genommenen
Resturlaubsanspruches haben.
Hinweis:
Die Entscheidung bezieht sich
bisher lediglich auf den nach dem Bundesurlaubsgesetz zu gewährenden
Mindesturlaub. Steht dem verstorbenen Arbeitnehmer darüber hinaus
(tarif-)vertraglich vereinbarter Urlaub zu, so ist dieser nach
derzeitiger Rechtsprechung nicht abzugelten.
Die Veröffentlichung von Mitarbeiter-Fotos
Die Rechte von Mitarbeitern bei Veröffentlichung von
Fotos durch den Arbeitgeber, auf denen sie abgebildet sind, ergeben
sich aus dem "Recht am eigenen Bild" (Art. 1, 2 Grundgesetz, § 22
Kunsturhebergesetz) und dem Datenschutzrecht.
Arbeitgeber sollten die folgenden Punkte beachten:
Mitarbeiter
müssen eine wirksame schriftliche Einwilligung in die Veröffentlichung
ihrer Bilder gegenüber dem Arbeitgeber erteilt haben. Ist eine solche
Einwilligungserklärung in den Arbeitsvertrag integriert, so muss sie
optisch besonders hervorgehoben werden (bspw. Fettdruck).
Arbeitnehmer
können in einem Arbeitsvertrag nicht zur Abgabe einer
Einwilligungserklärung in die Verwendung ihrer Fotos verpflichtet
werden.
Hat
der Arbeitgeber den Mitarbeitern ein jederzeitiges Widerrufsrecht
hinsichtlich der Einwilligung zur Veröffentlichung der Fotos eingeräumt,
so muss er bei Ausübung dieses Widerrufsrechts die veröffentlichten
Fotos des betroffenen Mitarbeiters umgehend entfernen.
Ist
eine Widerrufsmöglichkeit nicht vereinbart, so dürfte ein Widerruf nach
Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur zulässig sein, wenn ein
wichtiger Grund dafür vorliegt. Der Arbeitgeber kann entsprechende
wichtige Gründe auch gleich in der Einwilligungserklärung regeln.
Stand
dem Mitarbeiter das Recht zum Widerruf seiner erteilten Einwilligung zu
und macht er davon Gebrauch, so sollte der Arbeitgeber die verwendeten
Fotos umgehend entfernen, da er sich anderenfalls Schadensersatz- und
Schmerzensgeldforderungen des Mitarbeiters ausgesetzt sehen kann.
Sind
Mitarbeiter auf dem Bild nur sog. "Beiwerk", weil sie bspw. im
Hintergrund zu erkennen sind, ohne gezielt abgebildet worden zu sein, so
steht ihnen im Regelfall kein Recht auf Entfernung des veröffentlichten
Fotos zu (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 Kunsturhebergesetz).
Weitere Informationen finden Sie in unserer Mandanteninfo.
Foto © Dirk Felmeden, Bundessozialgericht
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