Behindertentestament

Menschen mit Behinderung sind im Laufe ihres Lebens häufig auf Sozialhilfe angewiesen. Erhält ein Sozialhilfeempfänger eine Erbschaft, so muss er diese als zufließendes Vermögen zunächst bis auf einen Schonvermögensbetrag i.H.v. 5.000,- € verbrauchen. Erst danach wird ihm wieder Sozialhilfe bewilligt. Mit einem sog. Behindertentestament können zugunsten des behinderten Menschen letztwillige Verfügungen getroffen werden, die verhindern, dass das Sozialamt den Erbanteil des behinderten Menschen als Vermögen bei der Bewilligung von Sozialhilfeleistungen anrechnen kann. Die besondere juristische Konstruktion dieses Testaments ermöglicht es, dem behinderten Menschen etwas zu vererben, ohne dass das Sozialamt den Verbrauch des Erbanteiles verlangen kann, bevor der Sozialhilfebezug wieder einsetzt.

Wozu ist ein Spezialtestament für Menschen mit Behinderung erforderlich?

Bezieht ein behinderter Mensch Sozialhilfe, so hat er sein gesamtes Einkommen und Vermögen bis auf einen Schonvermögensbetrag in Höhe von 5.000,00 € einzusetzen. Der aufgrund eines Behindertentestamentes zufließende Erbanteil ist von diesem Vermögenseinsatz ausgenommen.

Warum muss der Erbanteil, der aufgrund eines Behindertentestamentes dem behinderten Menschen zufließt, nicht eingesetzt werden?

Aufgrund spezieller Testamentskonstruktionen erhält der behinderte Erbe seinen Erbanteil nicht zur freien Verfügung, da er anderenfalls diesen Erbanteil vorrangig vor Sozialhilfeleistungen einsetzen müsste. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilt seit vielen Jahren, dass ein solches Spezialtestament zugunsten eines behinderten Erben rechtmäßig ist.

Wie habe ich ein solches Testament zu gestalten?

Sie müssen den behinderten Erben als nicht befreiten Vorerben einsetzen. Er muss nach dem Erblasser mindestens den Pflichtteil erben. Ihm muss ein Testamentsvollstrecker an die Seite gestellt werden, der sein ererbtes Vermögen verwaltet und hieraus sog. Sachleistungen zugunsten des behinderten Vorerben erbringt. Für den Fall des Versterbens des behinderten Vorerben muss ein sog. Nacherbe eingesetzt werden.

Welche Aufgaben hat der Testamentsvollstrecker?

Der Testamentsvollstrecker verwaltet die Erbschaft des behinderten Vorerben. Er muss im Testament dazu verpflichtet werden, die Erbschaft bzw. deren Erträge dazu zu verwenden, dem behinderten Vorerben ein Leben oberhalb des Sozialhilfeniveaus zu sichern, indem er dessen Erbanteil beispielsweise für die Finanzierung von Ausflügen und Reisen, die Teilnahme an Veranstaltungen, den Kauf von Kleidung oder für eine verbesserte medizinische Versorgung einsetzt. Der Testamentsvollstrecker muss dazu verpflichtet werden, dass er den Erbanteil nicht dazu verwendet, den Sozialhilfeträger zu entlasten.

Worauf haben wir als Ehegatten zu achten, wenn wir ein gemeinschaftliches Testament zugunsten unseres behinderten Kindes machen?

Bei einem gemeinschaftlichen Testament von Ehegatten ist darauf zu achten, dass das behinderte Kind, dem im Wege der Vorerbschaft ein Erbanteil zufließen soll, seinen Pflichtteil auch bereits nach dem erstversterbenden Ehegatten zu erhalten hat. Wendet man dem behinderten Kind nicht bereits nach dem Erstversterbenden einen Pflichtteil zu, so kann das Sozialamt hier den Pflichtteil fordern.

Muss ich für die Erstellung meines Testamentes zum Notar gehen?

Das deutsche Erbrecht ermöglich die Erstellung eines Testamentes als sog. öffentliches Testament zur Niederschrift eines Notars oder als sog. eigenhändiges Testament, das handschriftlich durch den Erblasser niedergeschrieben wurde. Es ist somit nicht erforderlich, ein notariell beurkundetes Testament zu erstellen. Sie können ihren letzten Willen handschriftlich niederschreiben. Hierbei ist zu beachten, dass das Testament vom ersten bis zum letzten Wort handschriftlich von Ihnen als Erblasser erstellt werden muss. Sie müssen es mit Ort, Datum und Unterschrift versehen. Wenn Sie als Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament erstellen, muss einer der Ehegatten dieses Testament vollständig handschriftlich erstellen und unterschreiben. Der zweite Ehegatte muss dieses Testament nicht noch einmal handschriftlich abschreiben, sondern lediglich unterzeichnen. Zeugen bei der Erstellung des Testamentes sind nicht erforderlich.

Mein Kind benötigt einen gesetzlichen Betreuer, da es seine Angelegenheiten nicht selber regeln kann. Darf der gesetzliche Betreuer zugleich Testamentsvollstrecker des behinderten Vorerben sein?

Wenn Sie das Behindertentestament so gestalten, dass gesetzlicher Betreuer und Testamentsvollstrecker des behinderten Vorerben ein und dieselbe Person sind, so wird das zuständige Betreuungsgericht einen sog. Ergänzungsbetreuer hinsichtlich der Verwaltung des Erbanteiles bestellen. Der gesetzliche Betreuer hat die Aufgabe, den Testamentsvollstrecker zu kontrollieren. Wenn beide Ämter in einer Person vereinigt sind, so kann diese Kontrollpflicht nicht ausgeübt werden. Daher wird für diesen Bereich ein Ergänzungsbetreuer bestellt werden. Um dies zu vermeiden, sollten Sie von vornherein die Testamentsvollstreckung und die gesetzliche Betreuung auf zwei unterschiedliche Personen delegieren.